Aus der Handruper Schulchronik

Die älteste noch auffindbare Schulchronik der Handruper Schule beginnt mit dem Jahre 1887 Der derzeitige erste Lehrer der Schule berichtet über den Anfang der Schulgemeinde folgendes:

"Die Schulgemeinde Handrup ist gebildet aus den Ortschaften Handrup und Hestrup, gehört zum Kirchspiel Lengerich/i. H. und bildet einen Flächeninhalt von 2.175 ha 19 a 6 qm. Die Entfernung der weiterentlegenden Eingesessenen beträgt etwa 3 km. Die Seelenzahl der zur Schulgemeinde gehörenden Einwohner beträgt 666 nach der neuesten Zählung, die sich auf 14 Vollkolonate, 2 Halb- und 21 Viertel- und 12 Achtelkolonate, 7 Neubauer- und 3 Eignerstellen und 65 Heuerleute-Wohnungen verteilen.

Nach verschiedenen Erkundigungen, angestellt bei den ältesten Einwohnern der hiesigen Schulgemeinde, hat man über die Gründung der Schule nichts Bestimmtes in Erfahrung bringen können. Das jetzige Schulhaus ist im Jahre 1818 erbaut. Eine Lehrerwohnung war anfangs nicht da, weil die Lehrpersonen teils in einem gemieteten Heuerhause wohnten, im Falle dieselben ihren eigenen Haushalt führten, oder, wo dies nicht der Fall war, sich bei einem Kolonen eingemietet hatten.

Im Jahre 1863 baute jedoch die Schulgemeinde eine Lehrerwohnung. Als Vermögensobjekte besitzt die Schule einen Schulgarten, 3, 23, 04, ha Heideland und eine Wiese von 80 a.

Wie alte Leute der Gemeinde mir mitteilten, haben im vorigen Jahrhundert die Bauern der Gemeinde Schule gehalten. So haben sich besonders nacheinander Mitglieder der Familie Burke der Schule angenommen. Der erste Lehrer, von dem man Näheres erfahren konnte, ist der Lehrer Laue, der in einem Heuerhause des Kolonen Manemann in Hestrup gewohnt hat. Die Familie hat lange diese Heuerlingsstelle innegehabt. Laue wird als tüchtiger Lehrer gerühmt. Besondere Fertigkeit zeigten seine Schüler im Rechnen und Schreiben. Sittenrein, streng gegen seine Schüler, musterhaft im Umgange, in der Erfüllung aller seiner Pflichten und, was die Bauersleute an ihm nicht weniger hoch schätzten, ein tüchtiger Ackersmann, genoß er die Achtung und Liebe nicht bloß der Handruper, sondern auch der übrigen Bewohner des Kirchspiels Lengerich. Er starb im Jahre 1847 an dem Tage, an welchem die Kinder zur Ersten Heiligen Kommunion geführt wurden, nachdem er lange und segensreich in der Schule zu Handrup gewirkt hatte.

Im Jahre 1847 wurde die Schulstelle sodann dem Lehrer Platen definitiv übertragen. Derselbe war gebürtig aus Listrup im Kirchspiel Emsbüren und war bis 1847 Lehrer in Spelle gewesen. In Handrup wohnte derselbe bei Kolon Nögelwernke, später in Hestrup, dem südlichen Teil unserer Gemeinde, und zuletzt bei Kolon Niebuhr, bis demselben im Jahre 1863 eine Dienstwohnung gebaut wurde.
Der Lehrer Platen war nicht verheiratet. Sein Gehalt betrug außer den Nutzungswerten seines Gartens 115 Taler. Eine Haushälterin konnte er sich bei solcher Einnahme nicht halten und so begnügte er sich mit einem Mittagsmahl, das ihm die Kochkunst der größeren Schulmädchen geliefert, die mit Freuden ein Stündchen in dem Heime ihres Lehrers Köchin spielten. Der biedere und fleißige Lehrer wurde von den Schülern und deren Eltern sehr geachtet und geliebt. Besonderes Gewicht legte derselbe auf den Religionsunterricht, ging jedoch in seinem Eifer für diesen Teil des Unterrichtes oft soweit, daß er in einem Vormittage von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr nichts weiter tat, als seine Schüler in das Verständnis des Overbergschen Katechismus einzuführen. Doch war dies nicht Regel. Auch die übrigen Fächer wurden fleißig geübt.

Da Platen wegen eines Fehlers am Beine nicht gut gehen konnte, hielt er sich einen Esel, der ihn zu öfteren kurzen Besuchen der Bewohner der Gemeinde trug. Im Jahre 1873 starb Platen im Krankenhause zu Lengerich."


Die bisher aus einem Raum bestehende Schule wurde wegen der steigenden Schülerzahlen im Jahre 1909 um den Anbau eines weiteren Raumes erweitert. Über die Einweihung am 22. August 1909 schreibt unser Chronist:
"Nach beendeter Christenlehre bei Kolon Oermann begab sich die Gemeinde in Prozession nach der schön geschmückten Schule. Hier hielt der Herr Pfarrer zunächst eine Ansprache an die Gemeinde. Darauf wurde die Weihe der Schule vorgenommen; sodann die Weihe des Turmes und der Glocke."

Weiter schreibt der Chronist:
"Durch den Bau des neuen Schulzimmers, welches auf dem Turnplatz errichtet ist, wurde der Turn- und Spielplatz für die hiesige Schülerzahl zu klein. Neben der Schule liegt ein Grundstück, welches der hiesigen politischen Gemeinde gehört. Auf demselben steht ein baufälliger Holzschuppen des Kolonen Niebuhr. Nach Entfernung desselben, die im Frühling 1910 stattfindet, wird auf dem Grundstücke ein schöner und passender Turn- und Spielplatz für die hiesige Schuljugend hergestellt werden. Die Schülerzahl betrug am Ende des Schuljahres 141."


Zum Jahre 1911 berichtet der Chronist: "Unter dem Titel "Rechenbuch für Stadt- und Landschulen" wurde ein neues Kaiserbild für die neue Schule und ein Kaiserbild für die alte Schule. Sämtliche Bilder sind ein Schmuck für die Schulzimmer. Ferner ziert die neue Schule "Schreibers Wandtafel" zur Veranschaulichung geographischer Grundbegriffe, entworfen von B. Wild, Schuldirektor.
Sodann wurde beschafft das von der Königlichen Regierung vorgeschriebene deutsche und lateinische Normal-Alphabet.
Am 14. November revidierte der Herr Regierungs- und Schulrat Buchholz die hiesige Schule. Auf dessen Anordnung wurden die Turngeräte ausgebessert, der Turn- und Spielplatz planiert und Turn- und Spielgeräte angeschafft. Auch wurde beim Anfange des Sommersemesters eine große und eine kleine Schulbank für die neue Schule angefertigt."

In den Mitteilungen aus den Jahren 1914 bis 1918 schlagen sich die Kriegsereignisse auch in der Chronik nieder. Es wird berichtet von den Kriegsanleihen, die in jedem Jahr von den Schülern gezeichnet werden. Es wird aber auch berichtet von jungen Männern der Gemeinde, die in den Kriegsjahren den Tod gefunden haben.


Eine interessante Information enthält die Chronik des Jahres 1920. Der Chronist schreibt:
"Durch den Handel haben die Landwirte viel Geld erworben. Das beweist der Umstand, daß Versammlungen abgehalten werden, in denen endgültig beschlossen wurde, eine Kirche zu bauen. Eine Kommission machte einen Rundgang durch die Gemeinde, und es wurden ungefähr 90.000,-- Mark gezeichnet. Doch das Projekt kam nicht zur Ausführung. Ein anderes trat in den Vordergrund, nämlich der Bau eines Klosters mit einer Kirche für die Gemeinde seitens der Gesellschaft vom Göttlichen Herzen Jesu. Ob dieses zur Ausführung gelangt, wird das Jahr 1921 entscheiden."


In der Tat, zum Jahre 1921 lesen wir:
"Ein freudiges Ereignis versammelte am Sonntag, dem 19. Juni die Bewohner unseres Ortes; galt es doch, die Grundsteinlegung eines neuen Klosters zu feiern.

Schon seit Wochen hatten die Handruper diesen Tag mit großer Sehnsucht erwartet. Fleißige Hände regten sich, den Festtag recht feierlich und eindrucksvoll zu gestalten. Schöne Kränze wurden gewunden, herrliche Triumphbögen errichtet, der etwa 10 Minuten lange Weg von der Schule bis zum Bauplatze mit Birkensträuchern geziert.

Nachmittags 4.00 Uhr setzte sich der Festzug von der Schule aus in Bewegung. Ein- und vierstimmige Lieder singend, langte der Festzug auf dem Bauplatze an. Böllerschüsse verkündeten der ganzen Gemeinde den Beginn der Feierlichkeit. Alsbald stimmte die Geistlichkeit das "Veni creator" an, welches vom Kirchenchor zu Ende gesungen wurde. Hierauf ergriff Pfarrer Robben, welcher die Grundsteinlegung vornahm, das Wort. Alsdann wurde den Festteilnehmern die in lateinischer Sprache verfaßte Urkunde gezeigt und in deutscher Übersetzung vorgelesen. Hierauf nahm P. Rektor Loh das Wort. Nun folgte der eigentliche Festakt:
die Grundsteinlegung. Die Urkunde wurde verkapselt, verlötet und in den Grundstein eingeschlossen."



Im Jahre 1923 wurde in einer ebenso feierlichen Zeremonie durch den Bischof von Osnabrück die Missionsschule in Handrup eingeweiht und eröffnet.


Im Jahre 1924 spricht der Chronist von einem Streit zwischen Kloster und Gemeinde über den Kirchenbau. Dieser Streit wurde allerdings gütlich beigelegt, nachdem man sich über die Platzfrage geeinigt hatte. Die Kirche sollte anfangs bei der Schule erbaut werden. Aber an dem Kostenpunkte scheiterte der Plan. Jetzt baut das Kloster die Kirche an das Kloster. Die Gemeinde unterhält nur den Geistlichen.


Beginnend mit dem Jahre 1930 werden die Ausführungen des Chronisten sehr viel umfangreicher. Sie beziehen nun auch Ereignisse, die nicht unmittelbar die Schule betreffen, mit ein. So berichtet der Chronist zum Jahre 1930, daß der Ort von einigen Bränden heimgesucht worden sei. Am Tage des Schützenfestes, dem 5. Mai, sei das Grundstück des Hofbesitzers Küter niedergebrannt. In der Erntezeit sei ebenfalls durch Feuer das Anwesen des Hofbesitzers Decker in Asche gelegt worden. Dieser habe sich in Dohren ein neues Grundstück erworben. Sein hiesiges Besitztum sei verkauft worden. Durch den Wegzug der Familie Decker habe die Gemeinde Handrup einen alteingesessenen Bürger verloren, der schon zu Lebzeiten des Lehrers Platen dessen Reitesel eingeritten habe.

Zum ersten Mal erfahren wir in diesem Jahre auch von politischen Ereignissen. So berichtet der Chronist von den Ergebnissen der Reichstagswahl in Handrup und im Reich. Er schreibt:

"Am 14. September fanden in Handrup die Wahlen zum Reichstage statt. Es wurden folgende Stimmzettel abgegeben:

Sozialdemokraten
Zentrum
Kommunisten
Nationalsozialisten
Volkspartei
Deutsche Hannoveraner

Das Wahlergebnis im Reiche war:
Sozialdemokraten
Deutsch-Nationale
Zentrum
Kommunisten
Deutsche Volkspartei
Bayerische Volkspartei
Nationalsozialisten
Landvolkpartei
Landbund
Deutsche Bauernpartei
Deutsch-Hannoveraner
Konservative Volkspartei
Christi. Sozialer Volksdienst
5 Stimmen
351 Stimmen
1 Stimme
5 Stimmen
5 Stimmen
3 Stimmen


143 Sitze
41 Sitze
68 Sitze
76 Sitze
29 Sitze
19 Sitze
107 Sitze
18 Sitze
3 Sitze
6 Sitze
2 Sitze
5 Sitze
14 Sitze"


Im Jahre 1931 wird Handrup erneut von einem schweren Brand heimgesucht. Das Haus der Witwe Justus Niermann brennt am 1. August vollständig nieder. Anstelle des abgebrannten Hauses wurde ein zweistöckiges Geschäftshaus von Frau Niermann errichtet.

Am 1. Dezember dieses Jahres wurde sämtliches Vieh gezählt. Dabei wurde folgendes festgestellt:

Pferde
Schweine
Schafe
Rindvieh
Hühner
Ziegen
Bienenvölker
170 Stück
1.430 Stück
12 Stück
918 Stück
4.397 Stück
3 Stück
95 Stück

Am 13. März 1931 fand im Reiche die Reichspräsidentenwahl statt. In Handrup wurden folgende Stimmen abgegeben:

Düsterberg
Hindenburg
Hitler
Thälmann
Winter
5 Stimmen
355 Stimmen
11 Stimmen
8 Stimmen
1 Stimme

Die einzelnen Kandidaten waren von folgenden Parteien aufgestellt: Düsterberg vom Stahlhelm und den Deutsch-Nationalen, Hindenburg vom Volke, Hitler von den Nationalsozialisten, Thälmann von den Kommunisten, Winter von der Aufwertungspartei der rotgestempelten 1000,- M Scheine. Das Wahlergebnis im Reiche war:

Düsterberg
Hindenburg
Hitler
Thälmann
Winter
2.557.876
18.661.736
11.328.571
4.971.097
111.477

Nach diesem Ergebnis ist ein zweiter Wahlgang erforderlich am 10. April 1932.

Die Reichspräsidentenwahl vom 10. April führte in Handrup zu folgendem Ergebnis:

Hindenburg
Hitler
Thälmann
Das Wahlergebnis im Reiche war:
Hindenburg
Hitler
Thälmann
370
7
2

19.367.688
13.419.603
3.705.898

Damit ist Herr Reichspräsident Paul von Hindenburg zum zweiten Male als Reichspräsident gewählt.

Am 24. April fanden die Wahlen zum preußischen Landtage statt. In Handrup wurde folgendes Wahlergebnis festgestellt:

Sozialdemokraten
Zentrum
Kommunisten
Deutsche Volkspartei
Wirtschaftspartei
Deutsches Landvolk
Nationalsozialisten
Deutsch-Hannoversche Partei
3
323
1
3
3
6
2
36

Nach dem Wahlergebnis in Preußen zählt der Landtag 422 Abgeordnete. Davon entfallen auf die Sozialdemokraten 93 Abgeordnete, die Deutsch-Nationalen 31 Abgeordnete, die Deutsche Volkspartei 7 Abgeordnete, Deutsche Staatspartei 2 Abgeordnete, die Nationalsozialisten 162 Abgeordnete, die Deutsch-Hannoveraner 1 Abgeordneter und die Christlich-Sozialen 2 Abgeordnete. Zu einem Mandant gehören dieses Mal 50.000 gegenüber früher 40.000 Stimmen.

Zwischen den Zeilen spürt der Leser etwas von der Dramatik dieser Zeit, wenn der Chronist schreibt: "Dem Ernste der Zeit entsprechend, wurde das Schützenfest nur an einem Tage gefeiert. Es war am Montag, dem 2. Mai. Schützenkönig war Anton Reisiger."

In den Sommerferien (am 31. Juli 1932) wurde erneut zur Reichstagswahl aufgerufen. In Handrup ergab sich dabei folgendes Stimmenergebnis:

Sozialdemokraten
Nationalsozialisten
Kommunisten
Zentrum
Deutsch-Nationale
Landvolk
Deutsch-Hannoveraner
3
5
4
348
12
3
1

Höchstgehalt der Beamten 5000 M:1.

Das Wahlergebnis im Reiche war:

Sozialdemokraten
Nationalsozialisten
Kommunisten
Zentrum
Deutsch-Nationale
Volkspartei
Wirtschaftspartei
Bayerische Volkspartei
133 Abgeordnete
229 Abgeordnete
89 Abgeordnete
76 Abgeordnete
37 Abgeordnete
7 Abgeordnete
2 Abgeordnete
22 Abgeordnete

Die kleinen Parteien erhielten zusammen 11 Abgeordnete.

In den Herbstferien desselben Jahres wurde die Glocke aus dem Schulturme entfernt. Dieselbe wurde dem Bauern aus Ankum, der sie geschenkt hatte, zurückgegeben. Derselbe benötigte die Glocke für seinen Hof, um den Beginn der sonntäglichen Christenlehre anzukündigen.

Da der Sommer gewählte Reichstag gleich bei seinem Beginn aufgelöst wurde, waren zum 6. November 1932 Neuwahlen ausgeschrieben. In Handrup wurden Stimmen auf folgende Parteien abgegeben:

Nationalsozialistische Arbeiterpartei
Sozialdemokraten
Kommunisten
Zentrum
Deutschnationale Volkspartei
Deutsch-Hannoveraner
Deutsches Landvolk

Das Wahlergebnis im Reiche war:

Nationalsozialisten
Sozialdemokraten
Kommunisten
Zentrum
Deutsch-Nationale
Bayerische Volkspartei
Deutsche Volkspartei
Deutsche Staatspartei
Christlich-Soziale
Wirtschaftspartei
Deutsche Bauernpartei
Thüringischer Landbund
Württembergischer Bauernbund
10
4
4
347
14
4
1



195 Mandate
121 Mandate
100 Mandate
69 Mandate
51 Mandate
11 Mandate
11 Mandate
2 Mandate
5 Mandate
2 Mandate
3 Mandate
1 Mandat
2 Mandate


Quelle:
1100 Jahre Gemeinde Handrup, Gemeinde Handrup, Handrup 1990, S. 17-25


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück