Die Pest, gestern und heute

Pestis (lat.) Seuche. Wir unterscheiden
1. Die Beulenpest (Bubonenpest), hervorgerufen durch Bazillus Yersinia Pestis, entdeckt 1894 anläßlich der Epidemie in Hongkong durch A. Yersin und S. Kitasato. Diese Form der Pest ist zunächst eine Zoonose und kommt besonders bei wildlebenden Nagern vor. Durch den Stich des Flohs (Ceratophylus fasciatus) der wildlebenden Ratte wird die Pest auf die Hausratte und weiter durch den Stich deren Flohs (Xenopsylla cheopis) oder auch durch den Menschenfloh (Pulex irritans) auf den Menschen übertragen.

Am Ort des Stiches, in 80 Prozent der Fälle die Beine, kommt es selten zu entzündlichen Reaktionen, meistens wird der Stich gar nicht bemerkt. Die Erreger der Pest werden mit der Lymphflüssigkeit in den nächsten Lymphknoten transportiert, wo sie sich vermehren. Nach einer Inkubationszeit von 3-6 Tagen kommt es zu einer faustgroßen eitrigen Lymphdrüsenschwellung, dem Bubo (griech.: bubo - Leiste). Solange dieser nicht aufbricht, ist diese Form der Pest nicht ansteckend, wenn die Flöhe in der Umgebung des Patienten ausgerottet sind!

Fortgang der Infektion: Fieber, heftige Kopfschmerzen, Erschöpfung, schwere Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen, (blutiger) Durchfall (durch Toxine des Erregers, die Störung der Blutgerinnung herbeiführen). Blutungen der Haut, Darm, Nieren. Tod nach wenigen Tagen. Sepsis (Blutvergiftung) durch Aussaat der Erreger ins Blut. Wenn die Erreger ins Gehirn einfallen, erfolgt der Tod innerhalb von Stunden.

2. die Lungenpest, hervorgerufen durch Yersinia pseudotuberculosis und Y. enterocolitica aus der gleichen Familie, hat die schlimmere epidemologische Bedeutung, da hierbei die massenhafte Freisetzung des Erregers durch die Atemwege erfolgt. Die Lungenpest ist in hohem Maße ansteckend - explosionsartige Ausbreitung der Seuche!


Geschichtliches:
Die Beulenpest wurde seit dem 14. Jahrhundert zur Menschheitsgeißel in Europa. Alle zuvor dokumentierten Epidemien sind in ihrer klinischen Identifizierung nicht eindeutig. Der Ursprung der Beulenpest ist Zentralasien (1338-1339), die dortigen, die Seuche übertragenden Nagetiere sind die Tarbagan. 1347 gelangte die Beulenpest nach Konstatinopel. Die Verbreitung erfolgte in 17 Schüben zwischen 1347 und 1534 im Abstand von 6-13 Jahren.

Diskutiert wird eine Abhängigkeit von den Sonnenflecken (!) und der von ihnen abhängigen Zahl der Nagetiere. Auf jeden Fall aber begünstigt die menschliche Mobilität durch den zunehmenden Handel sowie Kriegsereignisse einerseits, wie das atypisches Verhalten von wilden Nagetieren nach entsprechenden klimatischen Ereignissen (Verknappung an natürlichen Futterquellen, dadurch Zuflucht in menschlichen Behausungen) andererseits die Übertragungsrate der Epidemie.

In Europa fielen ca. ein Drittel der Menschen der Pest zum Opfer. Allein beim ersten Schub, in Paris im Jahre 1348, waren es 50.000 Opfer.

Quelle: s.u.

Ein Pestarzt 1656 mit Kräuter-Maske, Umhang und langem Untersuchungsinstrument

Medizin (historisch):
1348 wird die Pest als unglückliche Konstellation der Planeten Saturn, Jupiter und Mars beschrieben, da diese im Zeichen des Wassermanns eine Ausdünstung schädlicher Luft zur Folge hätte. Diese Luft dränge sich in Herz und Lunge ein. Besonders südliche Winde seien gefährlich, da sie "Kadaver-Dämpfe" sowie "Fäulnis-Dämpfe" aus der Erde, freigesetzt durch Erdbeben, mit sich führten. Nicht zeitgemäße Witterung führe die Seuche herbei, ein strenger Winter (!) beende sie. Donner, Himmelserscheinungen, Erdbeben, tote Fische, eine große Zahl an Fröschen und Reptilien kündigten die Seuche an.

Wie feucht-warme Jahre gefährlich seien, so sind Menschen mit "warm-feuchter Komplexion" besonders gefährdet, also Frauen, Kinder, junge Männer. Rothaarige Menschen, solche mit einem Überschuß an gelber Galle und solche, die "voller schlechter Säfte" seien, sind seuchen-exponiert, ebenso solche mit schlechter Lebensweise (in sexueller Hinsicht!).


Prophylaxe und Therapie (historisch)
[siehe dazu auch oben den Artikel "Über die Bekämpfung der Pest anno 1552 in den Dorfschaften des Rittergutes Gnandstein"]:

1. Wohnort weit entfernt von sumpfigen Gegenden nehmen,
2. Fenster nach Süden geschlossen halten, nach Norden öffnen,
3. Räuchern und Besprengen mit Essig,
4. Einschränkung körperlicher Arbeit,
5. baden (!),
6. Einschränken des Essens, leicht verdauliche Speisen bevorzugen,
7. Gemütsbewegungen (Zorn, Trauer) vermeiden,
8. sexuelle Enthaltsamkeit.

Spätere Schriften fügen zu:
9. Aderlaß,
10. Räucherungen mit Weihrauch, Wacholderbeeren, Wermut, Theriak, in Wasser gelöste Raute "als Mittel der Armen - doch gut für die Reichen".


Die Pest in moderner Betrachtung:
Die Pest ist wieder auf dem Vormarsch, sie wurde nie besiegt. In den USA infizieren sich regelmäßig Jäger, Schäfer, Cowboys, Wild-Camper (zwischen 1970-1991 295 Pestfälle!), daneben existieren ständig kleinere Epidemieherde in Mittelamerika, Afrika und Südasien. Die WHO (World Health Organization) hat für die Pest die Meldepflicht eingeführt!

Der "Flohindex" als Frühwarnzeichen: Wenn der natürliche Wirt des Flohs, die Ratte, nicht mehr genug Nahrung für die Parasiten bietet, ist ein vermehrtes "Abwandern" des Flohs zu verzeichnen (sowohl Nager wie auch Floh überleben die Pest nicht!). Großflächige Eindämmung durch das -heute geächtete DDT- in Maharashtra (Indien). Individuelle Therapie heute:
Streptomycin, Tetracyclin, Chloramphenicol. Penicillin ist wirkungslos gegen Y. Pestis. Schaffung aseptischer Bedingungen in der Umgebung des Befallenen (Mundschutz, Schutzbrillen wegen der Gefahr der Infektion über die Bindehaut).


Quelle:
Detlef R. Papsdorf, Echzell


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück