Steinkreuze im Kirchspiel Lengerich

Einsam an Wäldern und Feldern, an Weg- und Straßenrändern findet man, versteckt unter Heide und Gebüsch verwitterte Steinkreuze. Der Sage nach hängen sie meistens mit Unglücksfällen oder Verbrechen zusammen. Ihr ursprünglicher Zweck ist aber längst in Vergessenheit geraten. Viele Jahrhunderte hat man diese Steine für Symbole des Marterkreuzes des Heilands gehalten, bis man in der Neuzeit nachgewiesen hat, daß ihr Ursprung nicht im Christentum, sondern weit vor dessen Einführung zu suchen ist.

Oft hat man diese Kreuze auch an Wege gesetzt, um den Spuk, der nach dem Glauben der Menschen auf dieser Straße sein Unwesen treibe, zu verbannen.

Die Frage, wozu, wann und von wem die Steinkreuze ursprünglich gesetzt worden sind, läßt sich schwer beantworten. "Man wird sich damit begnügen müssen, sie als ehrwürdige, altersgraue Erinnerungsdenkmale der Ahnen zu betrachten und sich der Sagen zu erfreuen, die ein volkstümlicher Mythos um sie ranken läßt."

In Handrup standen früher nahe dem Hofe des Bauern Tieke sieben solcher Kreuze ohne Inschrift, von denen heute kein einziges mehr vorhanden ist. Nur der Name "Krüsters" für einen Fastabend erinnert noch an diese Steinkreuze.

Die Sage berichtet über diese Denkmäler folgendes:

Vor vielen, vielen Jahren war diese Gegend ein großes Sumpfgebiet, durch das einst ein Kutscher einen Hochzeitswagen zu fahren hatte. Dabei scheuten die Pferde vor einer nahen Schießerei, kamen von der Straße ab, und fanden mit den Hochzeitern im Sumpfe den Tod. Alte Leute munkeln und erzählen heimlich, daß der Kutscher infolge großen Alkoholgenusses die Herrschaft über den Wagen verloren hafte. Diesen Menschen zum Gedenken setzte man drei Steinkreuze; die anderen vier wurden der Geschichte nach später hinzugesetzt.
Aber wie so viele Denkmale standen auch diese sieben den Bauern im Wege. So wurden sechs von ihnen 1791 zur Reparatur des westlichen Giebels der alten Lengericher Kirche verwandt. Das siebente Kreuz befindet sich heute im "Haselünner Felde" jenseits der Grenze des Kreises Lingen auf Meppener Kreisgebiet. Dieses Steinkreuz ist zum Andenken an das einstmals dort stehende Gotteshaus gesetzt. Zur Zeit der Glaubensverfolgung unter der Herrschaft der Oranier war es den Katholiken verboten in der Grafschaft Lingen ihren Gottesdienst zu halten. Die Einwohner des Kirchspiels Lengerich errichteten 1715 auf der Kreisgrenze eine Kirche und warfen von drei Seiten gang- und fahrbare Dämme auf, die heute fast ganz verschwunden sind. Zwar benutzten sie dieses Gotteshaus nur drei Jahre; denn dann wurde es ihnen erlaubt im Dorfe wieder die Messe zu feiern. 1862 errichtete man dann dort das Kreuz, nachdem man es aus Handrup geholt hatte. Man setzte es damals in den Grundstein des Altars.


Quelle: s.u.

Das Steinerne Kreuz


Schlicht stehen die wenigen Worte auf dem Steinkreuz:
"Kirchhausstätte der kath. Gemeinde Lengerich in der oranischen Glaubensverfolgung vorn Jahre 1715 bis 1718. Errichtet 1862 Andenken an die Glaubenstreue der Niedergrafschaft Lingen."

Ein recht gut erhaltenes Steinkreuz befindet sich auch noch im Dorfe Langen hinter dem Friedhof, etwa 15 bis 20 Meter von der Straße nach Espel entfernt. Der Sage nach ist es für einen Bauernsohn gesetzt, der von seinem Bruder im Zweikampf mit der Armbrust getötet wurde. Beide liebten dasselbe Mädchen und kamen darüber in Streit. Der jüngere wollte wahrscheinlich nicht der Überlebende sein, denn er sagte zum älteren: "Bruder, schieß wisse, ich schieße misse!" Der jüngere starb. Ihn begrub man an dem Kreuzweg, denn kein Bauerschaftsteil wollte an dieser Tat Anteil haben.

Im Dorfe Lengerich fanden sich drei Steinkreuze. Das erste stand auf dem Schulplatz der kath. Volksschule etwa 10 Meter von der Straße. Ursprünglich hatte es auf dem Lengericher Esch, an dem die Straße von Lengerich nach Lingen vorbeiführt, gestanden.
Merkwürdigerweise trug dieses Steinkreuz eine Inschrift, die aber unleserlich geworden war. Man erzählte, daß hier jemand vom Blitz erschlagen worden sei.

Hinter den letzten Häusern an der linken Seite der Straße von Lengerich nach Gersten gegenüber Einspanier befand sich ein zweites Steinkreuz. Jede Sage übe dieses Kreuz fehlt. Doch auch hier hielt früher jeder Leichenzug, der vorbeizog, und man betete wie an anderen Wegkreuzen.

Da dieses Denkmal und auch jenes bei der kath. Volksschule sich an den Fahrwegen zur Kirche befunden haben, ist es denkbar, daß man früher dort die "Leichen abgeholt" hat oder das Totengeläute angefangen hat, wenn der Leichenzug dort angekommen war.

Das dritte Kreuz befand sich zwischen dem Dorfe Lengerich und Gersten westlich der Straße. Es stand im Felde etwa drei Meter von der Straße ganz frei und unterschied sich von den meisten Steinkreuzen dadurch, daß es sehr hoch war und daß die Balken im Querschnitt eine sechseckige Fläche hatten.
Im Gegensatz zu fast allen anderen im Kreise ermittelten Steinkreuzen trug dieses folgende Inschrift:

"do man schref MCCCLXXIIII
mdg na pent alhir geschlagen van den wer
robbe johann got genade."

Die Übersetzung ins Hochdeutsche lautet:

"Am Montag nach Pfingsten 1474 wurde allhier
Johann Robbe vom Blitz erschlagen.
Gott sei ihm gnädig!"

Die Inschrift allein sagt uns, daß es ein seltenes Steinkreuz war. Sie läßt uns den Zweck dieses Denkmals erkennen.

Nach Pastor Meyer



Quelle:
Lengericher Geschichte(n), Nr. 2, Heimatverein für das alte Kirchspiel Lengerich e.V., Lengerich 1996, S. 4-6

Quelle: www.heimatarchiv.de zurück