Alte Steinkreuze in Lengerich
Lengerich. - Ganz unscheinbar stehen sie auf der Rasenfläche vor der kath. Kirche Lengerich, zwischen Kircheingang und Friedhof - zwei alte Steinkreuze -, von denen das eine schon die Hälfte des Querbalkens verloren hat. Viele werden daran vorübergehen, ohne daß sie ihnen besonders ins Auge fallen, andere wieder werden sich überlegen, was diese alten Kreuze hier zu bedeuten haben. Diese Gedanken werden auch Hermann Meier den ehemaligen Pastor der reformierten Kirchengemeinde in Lengerich bewegt haben. der diese Kreuze noch an ihrem ursprünglichen Platz erlebte, und der, als eifriger Erforscher der Kirchspielgeschichte, sich mit den mittelalterlichen Steinkreuzen im Lengericher Raum beschäftigt und manches Wissenswerte darüber zusammengetragen hat.
Eines der alten Kreuze stand ursprünglich im Dorf links vom Eingang zur Volksschule und war das kleinste der vorhandenen Kreuze. Der Querbalken trägt eine einzeilige Inschrift in Nachttischen Buchstaben, wonach das Kreuz etwa aus dem 15. bis 16. Jahrhundert stammen könnte. Der Volksmund sagte über dieses Kreuz. daß einer vom Blitz erschlagen worden sei. Noch zwei weitere Kreuze sollen an der Straße nach Gersten gestanden haben, eines davon unmittelbar an einer Kreuzung vor dem Dorf. Dieses Kreuz war 120 cm hoch und der Querbalken 70 cm lang. Da es keine Inschriften und Zeichen trug, wurde es als Sühnekreuz angesehen. Es hatte seinen Standort an einem Kreuzweg, und an einer alten Grenze. Vor Jahren wurde am Standort dieses Kreuzes, die alte Markengrenze durch den Brauch bezeugt, daß hier alle vorüberkommenden Leichenzüge hielten. Diese beiden oben erwähnten Kreuze wurden im vergangenen Jahr in die Obhut er kath. Kirchengemeinde genommen, um diese Zeugen der guten alten Zeit zu erhalten.
Ein drittes Kreuz. das in Art und Form von den ersten abweicht, stand auf Uhlenbergs Esch, dort wo die Gemarkung Gersten anfängt. Das Kreuz war auf der Frontseite mit gotischen Buchstaben bedeckt, die übersetzt lauteten "Da man 1474 Montag nach Pfingsten, allhier erschlagen von dem Wetter Robbe Johann, Gott gnade ihm." Damit ist dieser als Gedenkstein für einen vom Blitz Erschlagenen erwiesen. Dieses Kreuz ist im Jahre 1947 spurlos verschwunden. Als viertes kommt ein inschschriftloses Kreuz in Betracht. welches in Langen unmittelbar hinter dem Kirchhof an dem Weg nach Espel steht. Es ist die Sage daß hier ein Bruder den anderen im Zweikampf erschoß. Es zählt also zu Sühnekreuzen und muß vor 1550 errichtet sein und zwar wieder an einem Kreuzweg.
Das bekannteste der Lengericher Steinkreuze ist das sogenannte "Steinerne Kreuz", das im Bruche an der Haselünner Grenze auf einer alten Kirchstätte errichtet worden ist. Nach der Inschrift ist dieses Kreuz dort im Jahre 1862 aufgestellt worden und später auf einen altarähnlichen Sockel gebracht worden. Hierbei soll es sich um eines der sieben Steinkreuze gehandelt haben, die damals bei Tieke unmittelbar an der Handruper Grenze gestanden haben. Der dortige Fastabend heißt heute noch "Krüzerfastabend". Die übrigen sechs Kreuze sollen zum Mauerbau der damaligen katholischen Kirche auf dem Ostraum gebracht worden sein. Alle diese Kreuze sollen keine Inschrift gehabt haben, so daß man nicht genau weiß, wie sie so gedrängt an diesen Ort gekommen sind. Ursprünglich werden sie auch wohl als Gedenkoder Sühnesteine irgendwo in den Feldern gestanden haben. Drei dieser Steine kann man als Gedenksteine bezeichnen, denn nach der Erinnerung des Volkes ist dort ein Brautwagen, der von der Kirche in Lengerich zurückkam, verunglückt und dabei hat es drei Tote gegeben. Wahrscheinlich sind die anderen Kreuze an ihren Standorten bei fortschreitender Kultivierung im Wege gewesen, und man hat sie an der Stelle, wo schon drei Kreuze standen. zusammengetragen. Aber wie es wirklich gewesen ist, wird wohl für immer ungeklärt bleiben.
Die meisten Kreuze wurden damals als Sühnekreuze aufgestellt. denn aus Sühneakten des 14./16. Jahrhunderts geht hervor, daß bei Totschlag im Zorn eine Buße auferlegt wurde. Zu dieser Buße gehörte auch das Setzen eines Sühnesteines, meistens am Ort der Tat. Auch in Oeings Sand hat ein solches Kreuz gestanden. Der Grundstein mit einem Loch wurde beim Sandfahren gefunden, darunter lagen die Gebeine eines Erschlagenen.
Quelle:
Lingener Tagespost vom 7. August 1967
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