"In Herst requirendum"
Bewegtes Auf und Ab der Bevölkerungszahlen
Handrup/Hestrup. - "In Herst requirendum"- Mit dieser Bemerkung aus einem Heberegister des Klosters Werden (bei Essen an der Ruhr) wird eine kleine Bauernschaft, Hestrup bei Handrup im Nordosten unseres Kreises, zum ersten Mal erwähnt. An der Urkunde, die sich heute im Hauptstadtarchiv in Düsseldorf befindet und etwa auf das Jahr 890 datiert werden kann, hängt ein Zettel, den der spätere Werdener Abt Heinrich Duden hinzugefügt und mit einem weiteren Namen, "Herffste", versehen hat obwohl nicht hundertprozentig gesichert ist, daß es sich um das heutige Hestrup handelt, läßt es sich dennoch mit großer Wahrscheinlichkeit behaupten, da die Reiseroute der ihre Besitzungen, kontrollierenden Mönche aus Werden u. a. mit den Stationen Schapen, Rodde, (b.Rheine) Herst und Freren beschrieben wurde. Eine Namensdeutung von Hestrup eröffnet verschiedene Möglichkeiten:Schriever führt Hestrup von Hros, hors, hars, hers - übersetzt = Ross - und von trup, thaurpa, troba, turba, dorf, dorp – übersetzt = Dorf – auf " Rossedorf" zurück. Jellinghaus verfolgt die Richtung har = eine bewaldete Anhöhe, harst = Siedlung an einer har, hees = Gestrüppwald, hersel = sumpfige Niederung und hessel = Hasel. Tatsächlich hat Hestrup einmal die Endung Dorf gehabt: Herstorpe (890), Hersindorpe (1100), und Hessdorp (1492). Einen genauen Hinweis gibt diese Deutung jedoch nicht.
Aus dem 11. Jahrhundert ist uns die nächste bekannte Episode aus dem Schicksal Hestrups überliefert. Das Kloster Corvey (Weser) erhob den Zehnten von der Bauerschaft, der damals in Freren auf dem Oberhof abgeliefert werden mußte. Aus Hestrup und Handrup kamen je sechs Krüge Honig (OUB 1 1,16).
Die "Beschrivinge des Amptes unde - Graveschap Lingen" von 1550 enthält schließlich eine Darstellung der sozialen Verhältnisse von Hestrup und Handrup, die zu diesem Zeitpunkt zusammen 350 Einwohner besaßen. Sehr interessant für die Betrachtung Hestrups, ist hierin der Hof Hesemann genannt, der dem Abt von Werden gehören sollte. Dieser heute noch ansässige Hof könnte auch das Anwesen sein, das 890 in der Werdener Urkunde gemeint war. Zugleich erschließt sich die Möglichkeit, Herst von Hesemann herzuleiten.
Keine Holzmark
Die Beschreibung aus dem 16. Jahrhundert belegt auch, daß die Mark Handrup keine Holzmark besaß. Angesichts der Bodenverhältnisse ist dies nicht verwunderlich. Lediglich auf den sogenannten "Knicks" hat man zur Brennstoffgewinnung Knüppelholz, Gestrüpp und Büsche genutzt. In den anderen Teilen des Kreises standen hierfür Moor und Torf zur Verfügung. Erst mit der Flurbereinigung in den letzten Jahren sind diese Knicks verschwunden.
Die zum alten Kirchspiel Lengerich gehörenden Gemeinden waren - wie Pohlendt schreibt – "große Bauerschaften mit ausgedehnten und relativ fruchtbaren Feldländereien", und "um die Lengericher Kirche herum waren die Häuser von Heuerleuten der umliegenden Bauerschaften errichtet, bei denen die Bauern sonntags abstiegen".
Von 1909 bis 1920 erfolgte eine erste Verkopplung von Eschländerein in Handrup (192 ha mit 74 Beteiligten), 1914 bis 1925 eine Umlegung des sog. Müren- und Mühlenesches (mit 39 ha und 13 Beteiligten), - Die Zeichen der letzten Flurbereinigung vor einigen Jahren kann man z. Z. noch sehen.
41 Heuerstellen wies Handrup 1927 auf. Seit 1913 besteht eine Tendenz zur Abnahme. 40 ha Ödlanderschließung zwischen 1910 und 1929 brachten nur eine neue Heuerstelle. Diese Entwicklung muß im Zusammenhang gesehen werden mit der regen Siedlungstätigkeit in den Kreisen Meppen und Aschendorf, wo nicht wenige Heuerleute aus unserm Kreisgebiet in den 20er und 30er Jahren zu eigenem Grund und Boden kamen.
Ein Blick auf die Bevölkerungszahlen der Vergangenheit gibt das Auf und Ab wieder:
1821: 704
1848: 869
1871: 642
1880: 652
1900: 705
1905: 561
1925: 760
1939: 726
1950: 1006
1953: 962
1964: 1028
1968: 793.
Wer sich mit der Geschichte der Heimat beschäftigt, stellt fest, daß es Orte und Bauerschaften gibt, die im Laufe der Zeit hinter ihren jüngeren Nachbargemeinden zurückbleiben. Siehe das ältere Hestrup neben dem jüngeren (?) Handrup! Das wird die Gebietsreform in verstärktem Maße mit sich bringen, nicht immer zum Guten unserer kleinen Gemeindeverbände! Was sich aber nicht ändern wird ist das Gemeinschaftsgefühl in den Bauerschaften, Vereinen und z.T. jahrhundertealten Siedlungsgemeinschaften.
H.B.
Quelle:
Lingener Tagespost vom 25. Nov. 1975
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