Die neue Herz-Jesu-Kirche
in Handrup

Als nach dem furchtbaren Zusammenbruch Deutschlands die deutschen Ordensleute wieder in ihre Heimat zurückkehren durften, da fanden auch die Herz-Jesu-Priester den Weg über die Grenze. Holland hatte ihnen liebevoll Gastfreundschaft gewährt wie allen verbannten deutschen Ordensleuten. Von der Heimat aus sei ihnen auch an dieser Stelle nochmals Dank gesagt. - Jetzt erfolgten auch Neugründungen auf deutscher Erde. Wie in früheren Zeiten fanden sich wieder viele Gönner und Freunde der Klöster. So bot die Gemeinde Handrup im Kreise Lingen den Herz-Jesu-Priestern Grund und Boden an zur Errichtung eines neuen Missionshauses. Klein begann man 1921, aber das Werk wuchs und wurde größer. 1923 stand der erste Flügel des Hauses und ein Saal konnte als Notkapelle benediziert werden. Doch sie genügte nicht mehr den Bedürfnissen, da das Kloster sich vergrößerte, da seine Bewohner sich mehrten, da auch die Gemeinde von den Patres seelsorglich betreut wurde. Der Bau einer Kirche wurde zum unerläßlichen Bedürfnis.

Trotz schwerster Zeit ging man an das Werk heran. - Wer in den letzten zwei Jahren die Landstraße von Lingen nach Quakenbrück passierte, der konnte am Kloster emsige und rastlose Bautätigkeit beobachten. Heute steht das Gotteshaus dank der unermüdlichen Energie und zielbewußten Tätigkeit des H. Herrn P. Rektors Loh, des Gründers des Klosters, dank der opferwilligen Mitarbeit der ganzen Klostergemeinde und der Bewohner von Handrup. Heute harrt die kleine Kirche der Einweihung durch den Hochwürdigsten Herrn Bischof Dr. Wilhelm Berning von Osnabrück. Dieselbe erfolgt am Donnerstag, den 7. April.

Die Entwürfe zur Kirche wurden von Oberregierungs- und Baurat Stausebach aus Osnabrück in liebenswürdiger und selbstloser Weise, aus reinem Interesse an der guten Sache angefertigt, von Architekt Karl Determann aus Lengerich i. Hann. (leider bereits verstorben) ausgearbeitet; die Bauarbeiten leitete fachmännisch Bauunternehmer Albert Einspanier aus Lengerich i. Hann.

Für ewige Zeiten scheint das Gotteshaus gebaut, nicht aus Ziegel-, sondern aus Bruchsteinen, die der Schöpfer aller Dinge bei Gravenhorst i.W. hat wachsen lassen. Wuchtig mutet das Bauwerk den Beschauer an. Von Westen her tritt der Besucher durch das große Hauptportal ins Innere ein. Alles scheint ihm sofort zweckmäßig und sorgfältig ausgeführt zu sein, denn Flügeltüren halten als Windfänger jeden schädlichen Zug ab. Der Blick ins Innere weckt frohe und freudige Gefühle, stimmt jetzt schon zur Andacht, obwohl die innere Ausstattung noch zum größten Teile fehlt. In ihrer Länge von 21 Metern bis zur Kommunionbank gerechnet und in ihrer Breite von 13 Metern wird sie den Bedürfnissen voll gerecht werden können, denn sie dient ja doppeltem Zwecke, einmal der Klostergemeinde, wo sie täglich Gott dem Herrn Lob- und Dankgebete darbringt, dann auch der Gemeinde Handrup, die hier ihre religiösen Pflichten erfüllt. Ein helles und klares Licht flutet durch den Raum. Freundlich und lieblich sind die noch rohen Farbtöne gehalten. Die Kirche hat nichts von der drückenden Schwere der romanischen Kunst, weist vielmehr nach oben wie die Gotik, hat aber gotischen Ernst beiseite gelassen. Dem Laien ist es wohl nicht gestattet, den Stil näher charakterisieren zu wollen, es liegt wohl der Gedanke nahe, daß es modernisierende Gotik sei. Alles reißt den Blick und das Herz nach oben und ruft ihm ein gewaltiges "Sursum corda" entgegen, ein "Empor die Herzen", empor zu Gott, der über den Sternen wohnt, wie es wohl das Rabitz-Sternengewölbe im Schiff der Kirche sinnbildlich ausdrücken will. Es ist ausgeführt von der Firma Gebr. Baum in Rheine.

Herz-Jesu-Kirche soll das Gotteshaus sein, Herz-Jesu-Geist in die Herzen bringen, von Herz-Jesu-Liebe predigen. Was sagen nicht alles die beiden großen Hauptfenster, entworfen, hochkünstlerisch ausgeführt und geliefert vom Päpstlichen Hofglasmaler W. Derix in Kevelaer i. Rhld. Rechts sehen wir in lebhaften Farben die Leidensszene Christi am Oelberg. "Mein Herz ist betrübt bis zum Tode", sagt uns der leidende Heiland. Er fügt ferner hinzu: "Vater, nicht mein Wille geschehe, sondern der deine." Er gibt allen Besuchern die Mahnung: "Lernet von mir Opfergeist, lernet immer Gottes Willen zu erfüllen, wie auch ich Gottes Willen zu erfüllen und die Welt zu erlösen auf die Erde gekommen bin."

Hat uns dieses Bild in tiefernster Leidenssymphonie die Gottesliebe gezeigt, so schwächt das gegenüberliegende den ernsten Eindruck ab und läßt in der Seele Akkorde der Freude und Gottessehnsucht erklingen. Es stellt die Offenbarung des Herzens Jesu an die heilige Maria Margareta Alacoque dar. Der göttliche Heiland zeigt seiner treuen Verehrerin sein liebeglühendes Herz mit den Worten: "Siehe da das Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat." Er zeigt es nicht bloß ihr, er zeigt es jedem andächtigen Verehrer seines heiligsten Herzens und ruft ihm zu: "Gib mir dein Herz und deine Liebe, leiste Sühne, nicht bloß für deine Sünden, sondern auch für die der anderen, so wird mein Herz dir affe stehen, und ich werde dich eintauchen in ein Meer der Liebe." Man hört im Geiste wiederum die zwölf großen trostreichen Verheißungen aus seinen Munde. Mit Bedacht hat man gerade diese Bilder gewählt, drücken sie doch ganz den Inhalt und den Geist der Herz-Jesu-Priester aus, die mit ihm vereinigt sein sollen am Oelberg in der heiligen Stunde, die sein Reich weiter ausbreiten sollen in den Herzen der Menschen.

Unser Auge schweift weiter und sieht im Chore drei kleinere Fenster, auf denen sich drei Szenen aus dem Leben des Heilandes und seiner Mutter abspielen: die Verkündigung, die Geburt, die Kreuzigung. "Consumatum est, es ist vollbracht" steht auf dem mittleren Fenster geschrieben und weist uns zurück auf den Opferaltar. Die Pläne zu den Altären entstanden auf dem Zeichentische des H. H. P. Richter vom Missionshaus Handrup und wurden von der Fa. Wiehemeyer in Osnabrück ausgeführt und geliefert. Aus schwarzem Mamor und rotem Porvenier sind die Altäre gebaut und heben sich stark ab von den sonst hellen Farbtönen der Kirche. Die beiden Seitenaltäre sind der Gottesmutter und dem Nährvater des Herrn gewidmet. Hoch überragt der Hauptaltar alles und jeder Besucher kann ohne Mühe dem Gang des heil. Opfers folgen. Auch zu den Ordensangehörigen spricht der Herr vom Tabernakel aus, wenn er in dem über der Sakristei befindlichen Oratorium seine Privatandacht verrichtet. Um das Chor legt sich ein Kranz von fünf kleinen Kapellen mit Altären, um den Ordenspriestern Gelegenheit zur Feier des heiligen Opfers zu geben.

Nur noch wenige Tage, und zum ersten Male wird das "Gloria in excelsis Deo" aus dem Priestermund vom Hauptaltar erklingen. Voll freudigem Dankgefühl gegen Gott wird dann die Sängerschar auf der Empore antworten "Et in tera pax hominibus". Wie hoch werden die Herzen Schlagen, wenn dann unter Orgelklang zum ersten Male durch die neugeweihte Kirche das Lied schallt: "Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land".


Quelle:
Osnabrücker Volkszeitung vom Anfang April 1927


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück