Die Einweihung
der neuen Herz-Jesu-Kirche
in Handrup

"Hoec est dies, quam fecit Dominus laetemur in ea, excultemus et. Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat, lasset uns froh und fröhlich sein!" Diesen Jubelhymnus des königlichen Sängers David dürfen wir wohl mit Fug und Recht als Motto über den Tag der Kirchweihe in Handrup setzen. Denn wenn je; dann hat an diesem Tag das Kloster und die Gemeinde Handrup einen Grund und ein Recht zur Freude. Denn der Herr hat diesen Tag gemacht und uns allen Freude beschert, indem er seinen Gesalbten zu uns sandte, um uns die neue Kirche zu konsekrieren, um unsere Seele in den anderen Freudenruf des Psalmisten ausklingen zu lassen. "laetatus sum in his, quae dicta sunt mihi, in domum Domini ibimus. Ich habe mich gefreut, weil man mir sagte, wir gehen zum Hause des Herrn"

Auf der höchsten Warte des Klosters, auf dem Turme der neuen Kirche wehte froh im munteren Spiel des Frühlingswindes die Fahne in violet-gelb und winkte ein ununterbrochenes "Willkommen, willkommen" dem hohen Gaste zu. Leider konnte der feierliche Empfang nicht in der Weise vonstatten gehen, wie er geplant war. Nochmals zeigte uns der Vater im Himmel die Wahrheit des Psalmwortes: "nisi Dominus aedificaverit domum, in vanum laboraverunt, qui aedificant eam. Wenn nicht der das Haus erbaut, so arbeiten die Bauleute umsonst." Wenn nicht der Herr seinen Segen gibt, so nützen alle Menschenmühen nichts, und eitel ist sein Beginnen. Doch der gute Wille war da, die Räder des Radfahrvereins standen geschmückt bereit, die Pferde waren gesattelt zum festlichen Empfang. Der einsetzende Regen verhinderte jedoch deren Auszug, um den Hochwürdigsten Herrn von weitem das Geleite zu geben, um zu huldigen als dem Hirten unserer Seelen.

Um 1/2 7 Uhr wurde das Auto gesichtet. Viele hatten sich eingefunden, um ihren Hochwürdigsten Bischof das erste "Grüß Gott" zuzurufen. Die Begrüßung mußte in den Räumen des Klosters stattfinden. Der Chor der Missionsschüler sang das schöne Willkommlied "Gott grüße Dich". Ihm schloß sich ein sinnreiches Gedicht an, das ein weiß gekleidetes Mädchen aus Handrup so schön dem Hochwürdigsten Herrn vortrug und dafür aus seinem Munde das Lob erntete: "Das hast du schön gemacht mein Kind." Ein Missionsschüler konnte das von H.H. Güllekes S.C.J. verfaßte und hier folgende Gedicht zum Vortrag bringen und dem Hochwürdigsten Herrn überreichen.


Mit ehrfurchtsvoller Freude hab'n wir alle;
Die dieses Haus im Schatten Jesu hegt,
Und rufen froh ein herzliches Willkommen
Dem Hirten, der des Heilands Segen trägt
In dieses Haus, in unsre offnen Herzen,
In die der Herr den Keim des Höchsten legt.
Willkommen rufen alle, die da kamen,
Willkommen, der da naht in Gottes Namen!
Des Herzens Jesu reiche Segensfülle
Gab diesem seinem Hause froh' Gedeihn
So sah' n wir schnell, des Hauses Räume wachsen,
Zur Ehre Gottes Bau an Bau sich reih' n.
Und nun will, unsres Hirten frommer Segen
Den schönsten Raum zum Gotteshaus uns weih'n.
Da freut sich unser Herz und singt mit Schalle:
Zum Hause meines Herrn ich selig walle.

Es freuen sich die lieben jungen Seelen,
Die am Altare Gottes wollen steh'n.
Im neuen Tempel auch in ihren Herzen
Ein neues Wunder Gottes wollen seh'n
Und für ihr Leben, für ein mut'ges Kämpfen
Des Heil'gen Geistes Kraft sich heiß erfleh'n.
Sie grüßen froh des Herren Wegbereiter
Der salben kommt die jungen Gottesstreiter.

Die Zeiten geh' n, doch nie im neuen Tempel
Das Lob des Schöpfers aller Dinge schweigt,
Daß huldvoll armer Menschen heiße Flehen
Des Herrn Erbarmen sich herniederneigt
Daß seine Liebe, seines Segens Fülle
Auf dieses Haus und Land herniedersteigt.
Und auch des Hirten, der die Herde lenket,
In Dankbarkeit ein jedes Herz gedenket.

Aus frohbewegtem Herzen uns von neuem
Der laute Jubelruf "Willkommen" singt
Willkommen, der da naht in Jesu Namen,
Willkommen, der uns Glück und Freude bringt
Und Heil und Segen, teure Unterpfänder,
Daß unser Werk zu Gottes Ehr' gelingt.
0 möge, der den Tempel kommt zu weihen
Uns seine Huld auf immerdar verleihen!

P. Franz Güllekes S.C.J.


Die Begrüßungsansprache hielt im Namen des Klosters und der Gemeinde der H.H. P. Rektor Loh. Er gab seiner Freude, seinem Dank Ausdruck, daß der Hirte der Diözese kommen konnte, um seine Herde zu begrüßen, um sie zu führen auf reiche Weideplätze und an klare Quellen, um ihnen ein Gotteshaus zu segnen und dem heiligen Zwecke zu übergeben. Seit Menschengedenken sei es nun das zweite Mal in einem Zeitraum von vier Jahren, daß der Bischof der Diözese zu der kleinen Gemeinde Handrup komme. Seine Worte klangen aus in den innigen Wunsch, daß die Kirche eine Stätte des religiösen Lebens sei, daß sie ein Zentrum der Herz-Jesu-Andacht sei, daß die Verehrung seines Herzens von hier aus immer weitere Kreise ziehe und in immer mehr Herzen einkehre. Als er geendet hatte, folgte die zündende Ansprache des Hochwürdigsten Herrn Bischofs.

Schon in seinem freundlichen Wesen lag so viel Gewinnendes, daß ihm die Herzen entgegenschlugen. Alle Zuhörer wurden aber begeistert, als seine warmen Worte von treuester Hirtensorge und Liebe zu seinen Schäflein zeugten. Den Hauptinhalt bildete natürlich das frohe Ereignis einer Kirchweihe, ein Haus dem Herrn konsekrieren zu dürfen, wo ihm täglich Lob- und Dankopfer dargebracht würden, wo er wohnen wolle alle Tage unseres Lebens. "Stätte der Sehnsucht" nannte er die Kirche. Heimweh muß der Erdenpilger haben, Heimweh nach dem Vaterhaus, Heimweh nach dem Gotteshaus, denn der Mensch ist ein Pilger auf Erden, er befindet sich auf rastloser Wanderung, um erst dort oben das Vaterhaus zu erreichen. Aber Gott weilt schon in der heiligen Eucharistie auf der Welt bei den Menschen, gemäß seinem Heilandswort: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt." Voll Sehnsucht strebten Kloster und Gemeinde danach, das Haus des Herrn zu bauen, um näher beim Vater sein zu können. "Stätte des Segens", muß das Gotteshaus sein. Wo der Mensch Balsam für die kranke Seele sucht und findet, wo er sein Leiden dem Heiland klagt, wo er das eigene Kreuz mit dem Gotteskreuz vereinigt, wo er aus der nie versiegenden Quelle der göttlichen Gnaden schöpfen kann, um sich zu stärken für die Reise. Als Unterpfand des Gottessegens durften alle, die zur Begrüßung herbeigeeilt waren, und es waren nicht wenige, den bischöflichen Segen empfangen. Den letzten Akt der Begrüßung bildete das Lied: "Ecce Sacerdos magnus, Siehe der hohe Priester", das der hochw. Herr Pater Waninger S.C.J. eigens zur Erhöhung der Festesfreude komponiert hat, wiederum vorgetragen vom Chor der Missionsschüler.

Weihe der Missionskirche
Donnerstag, den 7. April begannen morgens um 7 Uhr die Zeremonien für die Einweihung der Kirche. Sie hatte schon außen schlichten Schmuck angelegt, um auch ihrerseits den segnenden Stellvertreter Christi festlich zu empfangen. Als auf das dreimalige "Attollite portas principes vestras et elevamini portae aeternales, öffnet eure Tore, Fürsten, und tuet euch auf ihr ewigen Tore" das Hauptportal sich auftat, um für immer allen Besuchern und stillen Betern geöffnet zu bleiben, da empfingen die weiten Räume in stiller Feierlichkeit den Hohenpriester. Der einfache schlichte Schmuck hatte sich mit den architektonischen Schönheiten und Reizen zur schönsten Harmonie vereinigt. Ruhig und still war der Eindruck und doch so feierlich. Vom Mittelpunkt des Gewölbes zogen sich die Girlanden nach den vier Eckpunkten, die Kränze wanden sich um die Brüstungen. In eifrigster Arbeit hatte die Gemeinde Handrup die Kränze geflochten und in stilvoller Weise angebracht.

Die Kirche hatte sich aber nicht bloß geschmückt, um den Hochwürdigsten Herrn feierlich zu empfangen, ihr Feierkleid galt noch anderen höheren Zwecken. In Festesstimmung wollte sie auch die Reliquien der Heiligen in Empfang nehmen, die fortan in ihren Altären die ewige Ruhestätte finden sollten, wo sie dafür zeugen, daß die streitende Kirche auch mit der triumphierenden Kirche im Himmel vereinigt ist. Ihre ganze Zierde galt in besonderer Weise dem höchsten Herrn, dem König Glorie, dem mächtigen und starker Gott, der heute in ihr seine Wohnung aufschlagen wollte. Um 10 Uhr waren die Weiheakte beendet, die Reliquien in ihren neuen Gräbern auf den Altären eingesenkt, das weihende Wasser überallhin ausgesprengt, die segnenden Gebete gesprochen. Weihrauch durchzog zum ersten Mal das Haus des Herrn, die Kerzen an den Altären entzündeten sich, Blumenschmuck umrahmte den Tabernakel. Die Kirche begann von jetzt an auch zu dem fromme religiösen Gemüte zu reden, sie war nicht mehr bloß ein Gebäude der Kunst und Kultur, sie sprach nicht mehr bloß zum Verstand, ihre Worte drangen jetzt ein bis ins innerste des Herzens und der Seele, sie war "emporgehoben aus dem Reiche der Natur ins Reich der Übernatur". Man konnte mit Jacob sprechen: "Wahrlich dieser Ort ist heilig", ist heilig als Wohnung Gottes, der Einzug hielt, der sich in der heiligen Hostie durch die Hände des Bischofs in feierlicher Prozession aus der NotkapeIle in die neue konsekrierte Kirche tragen ließ.

Um 10 Uhr begann das erste Hochamt auf dem Hauptaltar mit Pontifikalassistenz, das der H. H. P. Rektor Loh zelebrierte. Es zeigte sich zum ersten Male in der neuen Kirche die Pracht und feierliche Innigkeit des katholischen Gottesdienstes, als man von der Sakristei in das Presbyterium einzog, voran die Ministranten der Gemeinde Handrup, denen die hochwürdige Geistlichkeit folgte. Der Hochwürdigste Herr Bischof hatte auf seinem Throne an der Evangelienseite des Chores Platz genommen.

Froh rauschten die jubelnden Akkorde der Orgel durch den Raum, aus hellen Knabenkehlen schallte ein mehrstimmiges "Kyrie eleison". In einer neuen Eigenschaft lobte die Kirche ihren Meister, sie offenbarte herrliche und vollklingende Akustik, was sich auch bei der Predigt des Hochwürdigsten Herrn Bischofs zeigte. Als die heiligen Worte des Evangeliums verklungen waren, ergriff der Hochwürdigste Herr das Wort, um in begeisternder Weise zu der zahlreich versammelten Gemeinde zu reden. "Heute ist diesem Hause Heil widerfahren", hörten wir aus seinem Munde, da die Kirche Gott dem Herrn geweiht wurde. Dankgottesdienst muß das erste Hochamt sein. Dank gegen den gütigen Vater, der seinen Segen gab, der das Werk gedeihen und zu glücklicher Vollendung gelangen ließ. Der Hochwürdigste Herr Bischof sprach von der Kirche als "der Schule des Verstandes, des Willens und des Herzens". Seine Worte waren ein einziger großer und gewaltiger Aufruf an die Menschenherzen zum Dank gegen Gott, zur Treue gegen Gott, zur Liebe zu Gott, zum unerschütterlichen Festhalten am heiligen Glauben, zur wahren Gefolgschaft Jesu Christi in den Werken, nicht bloß in den Worten. Nur in der Kirche allein fließen die Quellen, nur bei ihr ist die Wahrheit zu finden, die die Menschen frei macht. Die neugeweihte Kirche soll noch kleine Kirchen in den Familien, in den Häusern, in den Herzen erstehen lassen, lebendige Tempel des heiligen Geistes. "Caritas Christi urget nos". Die Liebe zu Christus soll die Menschen hintreiben zur Kirche, soll dort das Feuer der Liebe wieder emporlodern lassen, wenn es schwach werden will, soll alle Herzen durchglühen, bis er ein Schafstall und ein Hirt wird in der lebendigen Liebe Jesu Christi.

Die erste Opfergabe wurde Gott dem Vater dargebracht. Sicher durchzog das tiefste Dankgefühl die Herzen aller, als der Priester das "Gratias agamus Domino Deo nostro" (Lasset uns Dank sagen Gott unserem Herrn) sang. Das Wandlungsglöcklein klang. Jeder neigte voll Ehrfurcht sein Haupt und jubelte im Innern wie einst am Palmsonntag die frohe Menge in Jerusalem: "Benedictus qui venit in nomine Domini" (Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn).

Am Schluß des Hochamtes konnte der Hochwürdigste Herr Bischof noch 23 Schülern des Missionshauses das heilige Sakrament der Firmung spenden, um den jungen Seelen auch noch die sieben Gaben des heiligen Geistes zu bringen. Ein rauschendes "Großer Gott, wir loben Dich" aus begeisterten Kehlen schloß die herrliche kirchliche Feier.

Am Mittag sah der Speisesaal die Klostergemeinde, Vertreter der Gemeinde Handrup und viele Gäste bei einem schlichten Mahl unter dem Präsidium des Hochwürdigsten Herrn in seinen Räumen vereinigt. Als hohe Gäste durften der Landrat von Lingen, Dr. Pantenburg, begrüßt werden, ferner Oberregierungs- und Baurat Strausebach aus Osnabrück, der zugleich offizieller Vertreter des Regierungspräsidenten Dr. Sonnenschein war. Zahlreich war die hochwürdige Geistlichkeit aus den Nachbargemeinde erschienen, so von Lengerich, Wettrup, Langen, Gersten, Grafeld, Berge und Nordhorn. Aus hohem und höchstem Munde konnte man immer wieder bei den Tischreden das Lob des neuen Werkes hören, das in jeder Hinsicht alle Erwartungen nicht bloß erfüllt, sondern bei weitem übertroffen habe, daß es ein Werk von Bestand sei in religiöser, künstlerischer und kultureller Hinsicht.

Dank, ja inniger Dank sei allen gesagt, die zum Gelingen des Werkes beigetragen, die dem Werk ihr Interesse entgegengebracht haben. Kloster und Gemeinde Handrup sind erfüllt von Dank gegen Gott, der alles so glücklich gelingen ließ. Um 4 Uhr nahm der Hochwürdigste Herr Bischof Abschied vom Missionshaus. Wieder hatte sich der Himmel schwarz überzogen und ließ keinen Sonnenstrahl sehen. Trotzdem war die Begeisterung so groß, daß mehrere Wagen mit den Vertretern der Gemeinde, viele Reiter und Radfahrer mit geschmückten Rädern ihrem Oberhirten ein frohes Geleite gaben.


Quelle:
Osnabrücker Volkszeitung vom April 1927


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück