Das Kriegsende und die Folgen des Krieges in Handrup
Zu den schrecklichen Folgen des Krieges, die auch vor unserem Dorf nicht haltgemacht haben, schreibt der damalige Lehrer der Volksschule Handrup, Herr Zimmer, in der Schulchronik:
"Schwer wurde während des mörderischen Krieges auch das Los der Gemeinde Handrup selbst. Die Opfer an Gut und Blut brachten diese an den Rand der Verzweiflung. 150 Männer, d. i. reichlich der 5te Teil der Gesamtbevölkerung, waren im Laufe des Krieges zum Waffendienst befohlen, 36 fielen auf den verschiedenen Schlachtfeldern der kriegstreibenden Clique zu Opfer, 27 treue deutsche Männer Handrups sind noch vermißt bzw. schmachten immer noch hauptsächlich in russischer Gefangenschaft.
Die Heimat selbst blieb im Kriege auch nicht von den feindlichen Bomben verschont. Am 10.10.1942 brannten Wohnung und Stallung des Bauern Josef Koopmann durch Brandbomben vollständig nieder, etwa 1 1/4 Jahr später am 11.01.1944 das Doppelheuerhaus Kuhl-Schartmann. Obgleich 1942 in der nächsten Nähe von J. Koopmann 42 Bomben abgeworfen worden sind, kann nicht gesagt werden, ob ein beabsichtigter Angriff vorlag.
Weitere Besitzungen wurden beim Einmarsch der Engländer eingeäschert und die Kirche schwer beschädigt. Durch Granaten wurden am Turm und an der Fassade große Löcher geschlagen, das Dach zur Hälfte zertrümmert, das Gewölbe vielfach durchlöchert, ein Beichtstuhl und einige Bänke beschädigt.
Am Samstag, dem 07.05.1945 brannten nieder: 2 Wirtschaftsgebäude des Missionshauses, die Besitzungen Krümpelmann/Niermann, August Evers, Gregor Gösse, Karl Schmidt und Bauer August Schlütke, am folgenden Tage, dem Weißen Sonntag, daß Anwesen August Lücke.
Durch Bombenabwurf kam am 22.02.1945 Franziska Feschen ums Leben, bei einem Angriff am 14.03.1943 auf die Kleinbahn in der Nähe von Lengerich Adelheid-Liese Klusmann, Schülerin der LBA-Handrup, sowie ihre Mitschülerin Hedwig Heinze.
Bei den Kämpfen um Handrup (04.04. bis 07.04.1945), fielen 6 Angehörige der deutschen und acht der feindlichen Armee.
Am 08.05.1947 forderte der Krieg mit seinen verheerenden Folgen noch zwei blühende Menschenleben der Schule und Gemeinde Handrup. Der achtjährige Schüler Walter Schmidt, Sohn des Maurers Karl Schmidt, fand in dem Gelände vor dem Eingang des Missionshauses eine Granate einer Panzerfaust. In kindlicher Unkenntnis der Gefahr klopfte er mit einem Stein gegen diese. Der sechsjährige Schüler Helmut Evers (2 Tage nach seinem ersten Schulgang) Sohn des Schuhmachermeisters und Schulverbandsmitglied August Evers, beobachtete neugierig aus einer Entfernung von etwa sechs Metern das Treiben seines Freundes. Gegen 14.15 Uhr erschütterte eine gewaltige Detonation die Luft.
Herbeieilende Bürger fanden Walter Schmidt und Helmut Evers zerrissen bereits tot am Boden liegend. Die siebenjährigen Schülerinnen Regina Alke, Tochter des Flüchtlingsbetreuers Günther Alke, und Karola Tieke, Tochter des Landwirts und Gastwirts Anton Tieke, die den Vorgang aus größerer Entfernung beobachteten, kamen erstere mit schweren, letztere mit leichten Verletzungen davon.
Mit dem 08.05.1945, dem Tage der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, schwiegen wohl die Waffen, doch der lange ersehnte Frieden blieb aus, und der Waffenstillstand schlug dem deutschen Volke tiefere Wunden als der Krieg. Millionen deutsche Bürger wurden in Ost und West, in Süd und Nord von ihrem Hab und Gut vertrieben. Nichts in den Händen, zum größten Teil in zerlumpten Kleidern, die ihren einzigen Besitz darstellten, überfluteten die armen Vertriebenen, zum Teil fälschlich Flüchtlinge genannt, den Westen des Reiches.
So trafen bereits am 11.05.1945 etwa 30 Vertriebene aus Ostpreußen und Schlesien in unserer Gemeinde ein, am 18.04.1946 ungefähr 80 und am 29.04.1946 weitere 70 vertriebene Schlesier. Etwa 50 B-Soldaten (aus der Kriegsgefangenschaft entlassene Soldaten, die nicht in ihre Heimat zurück können) versuchten ab Juni 1945 bis heute hier in Handrup eine neue Heimat zu finden.
Zur Zeit leben 245 Vertriebene in unserer Gemeinde. Zu all dem schrecklichen Elend, daß bereits der entsetzliche Krieg über unser Dorf brachte, führten diese unglücklichen Menschen eine schreckenserregende Katastrophe in der Wohnungswirtschaft herbei. Handrup ist bereits stark überbelegt, und kaum noch ein Haushalt, ob Einheimischer oder Vertriebener, besitzt nach unserem Begriff eine menschenwürdige, seiner Stellung und Bildung entsprechende Wohnung."
Quelle:
1100 Jahre Gemeinde Handrup, Gemeinde Handrup, Handrup 1990, S. 29-31
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