Berichte des Obervogtes Müller zur landwirtschaftichen Ausfuhr und den Hollandgängern

Lengerich - Heimatliches

Durch das Aufblühen der Landwirtschaft hat sich der Wohlstand der hiesigen Gegend gegen früher bedeutend gehoben. Anfang und Mitte des vorigen Jahrhunderts aber erging es der Landwirtschaft recht schlecht und mit ihr auch allen anderen Gewerben, die in Lengerich seit Jahrhunderten ihre Heimstätte hatten und besonders gepflegt wurden. Kürzlich brachten wir einen interessanten Bericht, aus dem hervorging, dass die damals gezahlten Preise für die landwirtschaftlichen Produkte katastophal niedrig waren, sodass sich die Arbeit und Mühe kaum lohnte. Dementsprechend waren auch der Handel und das Gewerbe nicht auf Rosen gebettet. Was waren es nun für Erzeugnisse, die früher aus Lengerich herausgingen in die angrenzenden Länder? Ein Bereicht des Obervogtes Müller in Lengerich aus dem Jahre 1830 an die hannoversche Regierung besagt folgendes:

"1. Leinwand-Ausfuhr aus Lengerich nach Holland und Bremen. 2. Gedorrte Zichorien-Wurzeln und fabrizierte Eichorie ins Preussische, etwas in Preisen gestiegen. 3. Geräucherte Schincken und Fettschweine. Erstere nach Holland und Bremen, letztere nach dem Oldenburgischen. 4. Hühnereier, die durch Aufholer aus dem Preussischen abgeholt und nach Holland fuderweise ausgeführt werden. Das fabrizierte Leinen ist sehr wohlfeil, allein die Leute verderben es selbst damit, indem zum Bleichen viel Muschelkalk angewandt und dadurch die Festigkeit des Fadens gebeizt wird."

Für die Kaufkraft in damaliger Zeit war von besonderer Bedeutung, was die sogenannten Hollandgänger verdienten, denn diese brachten allerhand Bargeld in Gulden mit, die hoch im Kurse standen. Aber der Verdienst dieser Leute, die in Holland schwerste Arbeit beim Torfstechen und Grasmähen verrichten mussten, wurde immer knapper. Der Lengericher Obervogt berichtete darüber im Jahre 1833 an die Regierung wie folgt:

"Der Verdienst der Hollandgänger wird von Jahr zu Jahr geringer, aber nicht deshalb, weil die Arbeit abnimmt, sondern weil aus allen Gegenden jährlich der Einzug von Arbeitern sich vermehrt, mithin zuviel Hände dort gedungen werden können. Arbeiter, welche von April bis Jacobi (also 4 Monate) ausbleiben, haben 50 Gulden, solche welche Grasmähen und zwei Monate ausbleiben haben 25 Gulden verdient. An Fieberkrankheit sind gestorben: 1. Heuerling Langeland aus Hestrup (in Holland), 2. Heuerling B. Krone aus Bauerschaft Lengerich (in Wietmarschen auf der Rückreise.)"


Quelle:
Neue Volksblätter vom 7. Dezember 1942


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück