Die deutsche Nationalhymne
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» Über das "Lied der Deutschen" «Der Gelehrte und Dichter August Heinrich Hoffmann, der sich nach seinen
Geburtsort von Fallersleben nennt, fordert in seinen Versen
gesellschaftliche Veränderungen und Deutschlands Einheit. Diese Staaten waren seit 1815 durch ein lockeres föderatives Band vereinigt. Ihre Souveränität und ihr territorialer Besitzstand blieben erhalten. Die Bundeszentralgewalt war nur wenig ausgeprägt. Es gab kein gemeinsames Staatsoberhaupt, keine einheitliche Verwaltung und Gesetzgebung, keine Wirtschafts- und Zolleinheit und kein einheitliches Heereswesen. "Die staatenbündische Lösung bedeutete den Verzicht auf nationale Einheit, auf den gemeinsamen Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und auf demokratische Mitbestimmung in einer gesamtdeutschen Verfassung" (Ernst Rudolf Huber). Bewegende politische Melodie der deutschen Patrioten dagegen war seit der Erhebung gegen Napoleon die Schaffung eines einigen Deutschlands auf verfassungsmäßiger Grundlage: Die nationale und konstitutionelle Frage sollte zugleich ihre Beantwortung finden. Hoffmann von Fallersleben war ein Repräsentant der guten demokratischen Tradition unserer Nation. Er beantwortete die Frage von Ernst Moritz Arndt "Was ist des Deutschen Vaterland?" mit ein einzig Deutschland hoch und hehr, Ein freies Deutschland Gott bescher'...". In seinen "Unpolitischen Liedern", die zur gleichen Zeit wie das
Deutschlandlied entstanden und so "unpolitisch" gar nicht waren, nimmt er
klar Stellung zur Demokratie. Damit setzte er sich einer jahrelangen
Verfolgung in den deutschen Teilstaaten aus, da diese demokratische
Einstellung den monarchischen Regierungen der damaligen Zeit wie ein Dorn
im Auge war. Fast vierzigmal wurde er aus deutschen Städten und Staaten
ausgewiesen, jedesmal mit Verhören und Hausdurchsuchungen verbunden. Die
Gefängnisse füllten sich damals schnell, da Metternich alle demokratisch
und freiheitlich denkenden Menschen verfolgen ließ. Bürgerrechte wurden
überall unterdrückt. Der Anfang der ersten Strophe des Deutschlandliedes "Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt" war für Hoffmann keine imperiale Aufforderung zur Unterwerfung nichtdeutscher Gebiete, sondern ein patriotisches Bekenntnis zur Überwindung der als zu geteilt empfundenen rechtlichen Struktur und politischen Gestalt des deutschen Bundes. Mit diesem Liedbeginn wollte er gefühlsmäßig ausdrücken, daß er eine Vereinigung der deutschen Einzelstaaten und damit die Einheit Deutschlands "über alles in der Welt" wünschte. Nicht die geographische Ausdehnung, sondern die gesamtdeutsche Konstitution war sein Anliegen. Diese Zielrichtung kommt auch in den folgenden beiden Liedzeilen zum Ausdruck: "Wenn es stets zum Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält." Hier spiegelt sich die sicherheitspolitische Folgerung aus einer staatsrechtlichen Voraussetzung wieder: Ein einiges Deutschland ist zum eigenen Schutz besser geeignet als das Deutschland der Kleinstaaterei. Hinter dieser Erkenntnis stand auch die Erfahrung eines Jahrtausends deutscher Geschichte. Sie wurde - aus welchen Positionen und Motivationen heraus auch immer - durch die Jahrhunderte hindurch durch zahllose "Bruderkriege" geprägt und auch durchlitten. Diese sollten für den Dichter endgültig der Vergangenheit angehören. Die räumlichen Angaben "von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt" drücken ebenfalls kein deutsches Wunschdenken nach geographischer Erweiterung aus, sondern bezeichnen die westlichen und östlichen, die südlichen und nördlichen Grenzen des Deutschen Bundes. Diese waren durch die Territorien der Bundes-Glieder Niederlande, Preußen, Österreich und Dänemark vorgegeben. Diese Grenzbeschreibungen umreißen den damaligen territorialen Bestand des deutschen Bundes. Sie knüpfen an die Anfänge des deutschen Nationalgefühls im hohen Mittelalter an, wie es etwa zum Ausdruck kommt im "Deutschlandlied Walthers von der Vogelweide" mit entsprechender Grenzbezeichnungen für den deutschen Kulturraum. Lesen Sie bitte den folgenden Urtext unter diesen Gesichtspunkten. Deutschland, Deutschland über alles, Deutschland, Deutschland über alles, » Die Entscheidung zur jetzigen Version «Die Problematik des Deutschlandliedes ist darin zu sehen, daß es in den 100 Jahren nach der gescheiterten Revolution von 1848 zum lebendigen Spiegelbild der großen Brüche der deutschen Geschichte, der Siege und Niederlagen, des maßlosen Aufstiegs und der totalen Katastrophe geworden ist: Reflex des "ruhelosen Reiches" (Michael Stürmer). Das Deutschlandlied vermittelt eben nicht nur die Gedanken und Träume von August Heinrich Hoffmann, sondern hat auch eine Entwicklungsgeschichte hinter sich, die in den unterschiedlichen Epochen der deutschen Geschichte unterschiedlich verlief. Als Bismark im Kaiserreich von 1871 die nationale Einheit Deutschlands verwirklichte, ging der Wunsch Hoffmanns, sein "Lied der Deutschen" möge Nationalhymne werden, nicht in Erfüllung. Kaiser und Kanzler entschieden sich für die Herrscher-Hymne "Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands!". Das Lied wurde 1890 bezeichnenderweise erstmalig wieder offiziell gesungen, als die Insel Helgoland im Tausch gegen Sansibar deutsch wurde. Hier wurden die Zeilen "Deutschland, Deutschland über alles" zum Ausdruck nationaler Expansionspolitik mißbraucht. Die nationalistische Verklärung blieb dem Lied der Deutschen auch nicht erspart, als am 11. November 1914 junge Studenten in der Schlacht von Langemarck zu Tausenden im gegnerischen Maschinengewehrfeuer unter dem Klang des Deutschlandliedes zusammenbrachen: Die politische Hymne war damit zur militärischen Opferhymne geworden. Der Heeresbericht vermeldete damals nüchtern: "Westlich von Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesang 'Deutschland, Deutschland über alles' gegen die erste Linie der feindlichen Stellung vor und nahmen sie". Im Buch "Mein Kampf" von Adolf Hitler findet sich eine fast heroische Perversion dieses Opferganges: "...Aus der Ferne aber drangen die Klänge eines Liedes an unser Ohr und kamen näher und näher, sprangen über von Kompanie zu Kompanie, und da, als der Tod gerade geschäftigt hineingriff in unsere Reihen, da erreichte das Lied auch uns, und wir gaben es nun wieder weiter: Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt". Mit dieser Verbindung von altgermanischer Opfergangs-Saga und romantischem Kriegsstimmungsbild wies Hitler der weiteren Rezeption des Deutschlandliedes unheilvoll für die nächsten drei Jahrzehnte den Weg. Trotz dieser erheblichen Erblast der Wilhelminischen Zeit und des aufkeimenden Nationalsozialismus wurde das Deutschlandlied am 11. August 1922 in einer offiziellen Proklamation durch den Reichspräsidenten Friedrich Ebert zur Nationalhymne bestimmt. Man besann sich ganz im Bewußtsein des demokratischen Neuaufbruchs auf die ursprüngliche Bedeutung, auf die originäre Wertung des Deutschlandliedes. Man wollte es als Band verstanden wissen, das die Nation nach den innen- und außenpolitischen Schwierigkeiten der Vergangenheit und den wirtschaftlichen Problemen der Gegenwart zusammenhält. Ihren töricht-traurigen Höhepunkt erreichten die Fehlinterpretationen des Deutschlandliedes im Dritten Reich, als die erste Strophe als Ausdruck nationalsozialistischer Expansionspolitik zum Präludium des Horst-Wessel-Liedes verkam. Die zweite Strophe, inhaltlich und formal der schwächste Teil der Hymne, paßte in ihrer unpolitischen, romantischen Verherrlichung "deutscher Weibestreue", "deutschen Gesangs" und "deutschen Weins" nur bedingt in das sozialrevolutionäre Konzept der Nationalsozialisten. Die dritte Strophe stieß wegen des ausgeprägten demokratischen Gehalts auf Ablehnung und wurde völlig ignoriert. Aus dieser Entwicklung heraus stellte bereits am 29. September 1949 eine interfraktionelle Gruppe von Abgeordneten im Bundestag, anknüpfend an die demokratischen Traditionen der Weimarer Republik, den Antrag, durch Gesetz das Deutschlandlied in seiner ursprünglichen Form zur deutschen Nationalhymne zu erklären. Ein entsprechender Beschluß des Rechtsausschusses blieb aber indes aus. Stattdessen setzte eine kontrovers geführte Debatte darüber ein, welches Lied die deutsche Hymne werden sollte. Dabei verliefen die Fronten quer durch die Parteien. Während sich sowohl Bundeskanzler Adenauer wie auch der SPD-Oppositionsführer Schumacher für das Deutschlandlied aussprachen, hatte der damalige Bundespräsident Heuss starke Bedenken. Er ließ den evangelischen Kirchenliederdichter Rudolf Alexander Schröder eine neue "Hymne an Deutschland" dichten und komponieren, die jedoch weder bei der Bevölkerung noch bei Adenauer und Schumacher auf Zustimmung und Akzeptanz stieß. Entscheidend für die Umwandlung des Deutschlandliedes zur Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland sind die Schriftwechsel zwischen den damaligen Amtsinhabern, Bundeskanzler Adenauer und Bundespräsident Heuss, vom 29. April und 02. Mai 1952 sowie zwischen Bundespräsidenten von Weizsäcker und Bundeskanzler Kohl vom 19. August und 23. August 1991. Beide Schriftwechsel sind im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 89/1991 vom 27. August 1991 veröffentlicht. Der im Schriftwechsel Adenauer - Heuss eingenommene Standpunkt kommt in dem letzten Absatz des Schreibens des Bundeskanzlers zum Ausdruck: "Daher die erneute Bitte der Bundesregierung, das Hoffmann-Haydn'sche Lied als Nationalhymne anzuerkennen. Bei staatlichen Veranstaltungen soll die dritte Strophe gesungen werden". Dieser Bitte der Bundesregierung ist der Bundespräsident "in Anerkennung des Tatbestandes" nachgekommen. Damit hat er als Träger der Ehrenhoheit des Bundes von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, Staatssymbole - und dazu zählt auch die Nationalhymne - zu bestimmen, soweit dem verfassungsrechtliche (Artikel 22 Grundgesetz) oder gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen. Hier handelt es sich um ein ungeschriebenes Recht, das dem Amt des Staatsoberhauptes innewohnt. Damit war bis 1991 das Deutschlandlied mit allen drei Strophen Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland. Die Einschränkungen auf das Singen der dritten Strophe bezog sich nur auf staatliche Anlässe. Quelle (in Auszügen übernommen): www.csu-schweinfurt.de |
Quelle: www.heimatarchiv.de |
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