Glockenacker
In Lengerich weiß heute kaum jemand, daß ein Grundstück, zwischen der "Mühlenstraße" und der Straße "Zum legen Esch" hinter der Bäckerei Biermann gelegen, den alten Flurnamen "Glockenacker" trägt.
Ähnliche Bezeichnungen finden wir auch sonst in alten Kirchorten. In Bippen gibt es den Straßennamen "Zur Glockenkuhle". In Beesten verkaufte die kath. Gemeinde im Jahre 1825 den sogenannten "Glockenpool".
Was sagen uns diese Namen ? Von der Probsteikirche in Meppen wird überliefert, daß ihre drei Glocken 1643 im Probsteigarten gegossen wurden. Daraus ersehen wir, daß in früheren Jahrhunderten der Glockenguß nicht in fernliegenden Gießereien, sondern am Kirchort selber erfolgte. Der Flurname "Glockenacker" rührt also daher, daß die Lengericher Kirchenglocken an dieser Stelle gegossen wurden.
Wichtig für die Wahl des Ortes war, daß sich in der Nähe geeigneter Lehm für die Glockenform fand. Dort wurde dann eine entsprechend große Grube ausgehoben, in der die Glockenform entstand und die Glocke gegossen wurde. Daher die Namen "Kuhle" und "Pool".
Was wissen wir über Lengericher Glocken ? Der romanische Turm der evangelischen Kirche in Lengerich, etwa um 1150 erbaut, hatte acht Schallöffnungen - natürlich für Glocken. Also erklangen um das Jahr 1150, wahrscheinlich aber auch schon früher, in Lengerich Glocken.
Schallöffnung von 1150
Immer wieder wurde aber auch ein Neuguß von Glocken notwendig. Glocken barsten, wurden ein Raub von Flammen (so etwa in Schapen und Salzbergen) oder wurden gestohlen. So findet sich im alten Lengericher Misale eine lateinische Notiz, die übersetzt lautet: "Im Herbst des folgenden Jahres 1580 belagerte der Graf von Hollac Lingen. Nach acht Tagen war er gezwungen, sich durch schmähliche Flucht zurückzuziehen, nachdem er zuvor von den Kirchen 19 Glocken geraubt hatte". Aus diesen Glocken wollte er für die Belagerung von Lingen Kanonen gießen lassen. In den beiden Weltkriegen wurde leider nicht anders gehandelt.
Überliefert werden folgende Glockengießdaten: 1461, 1615 und 1672. Als 1869 die reformierte Gemeinde in Gescher drei neue Glocken gießen ließ, befanden sich zuvor schon drei Glocken auf dem Kirchturm, die alle geborsten bzw. schadhaft geworden waren. Zwei trugen das Wappen der in Lengerich ansässig gewesenen Familie Torck, die größte und älteste zeigte Christus am Kreuz mit der Mutter Maria und dem Jünger Johannes. Die drei Glocken wurden durchaus ökumenisch verwendet. So schreibt der Küster Goldschmidt in seinen Annalen: "Am 25. Mai 1837, dem Fronleichnamsfeste, wurden wie bisher nach erhaltener Erlaubnis des reformierten Predigers die sämtlichen Glocken auf dem Turm gebraucht und damit am Tage vorher und am Feste selbst bis 10 Uhr vormittags gebeiert. Als unsererseits um 10 Uhr aufgehört wurde zu beiern, wurde von reformierter Seite mit den Glocken geläutet zu ihrem Bettage."
Pastor Alfred Mengel, Lengerich
Quelle:
Informationsblatt der Samtgemeinde Lengerich - Nr. 199, Lengerich Oktober 1994
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