Millionenschäden durch Eiskatastrophe im südlichen Emsland
Allein im Lengericher Raum blieben gut 500 Häuser einen Tag ohne Strom
30-kV-Leitung nach Mastbruch außer Betrieb Feuerwehr half mit Notstromaggregaten
Lengerich (ha) - Weil ein Betonmast der 30-kV-Leitung von Freren nach Lengerich abknickte, gab es für einen großen Teil der Bürger in diesem Gebiet unangenehme Konsequenzen: Gut 580 Häuser in Gersten, Wettrup, Lengerich und Handrup waren für mehr als einen Tag von der Stromversorgung abgeschnitten. Erst gestern mittag gelang es, die Stromleitung zu reparieren und die Elektrizitätsversorgung weitgehend wiederherzustellen.
Der Mastbruch ereignete sich infolge der Eislast am Montagvormittag gegen 10 Uhr. Zu einem totalen Stromausfall kam es dadurch in Wettrup und Gersten; hier wurden allein insgesamt gut 400 Haushaltungen betroffen. Auch in etwa 100 Häusern in Lengerich und Handrup gingen im wahrsten Sinne des Wortes "die Lichter aus".
Die Folgen: Viele Betriebe mußten die Arbeit einstellen, in den Wohnungen fielen die Heizungen und Elektrogeräte aus, auf Bauernhöfen ließen sich automatische Fütterungsanlagen und Melkmaschinen nicht mehr bedienen.
Eines der betroffenen Unternehmen war die Autofirma Lampa in Lengerich. Die rund 30 Mitarbeiter wurden zunächst am Dienstagnachmittag nach Hause geschickt, weil, so Inhaber Franz Lampa, "nichts mehr zu machen war." Die Elektrogeräte in der Werkstatt blieben "stumm", die Heizung fiel aus, und auch die EDV-Anlage ließ sich nicht mehr bedienen. Als der Strom gestern morgen noch immer nicht floß, mußten die Mitarbeiter erneut eine ungeplante Freischicht einlegen.
Auch die Tankstelle mußte geschlossen werden. Immerhin konnte man am späten Montagabend noch per Handpumpe einen besonderen "Notdienst" leisten: 70 Liter Diesel zapfen für das Altersheim, damit dieses Haus den Betrieb des hauseigenen Notstromaggregats aufrechterhalten konnte.
Auf ein solches Aggregat konnte auch die Internatsschule Handrup zurückgreifen. Nach Auskunft von Direktor Meyer-Scheene ließ sich damit die Heizung und die Wasserversorgung weiterbetreiben; Licht gab es jedoch für einen Tag nicht. Auch mit Essen konnten die derzeit 35 Schüler sowie die Patres im Kloster versorgt werden, weil in der Küche mit Gas "gekocht" wird.
Vielen anderen half die Feuerwehr mit zwei Notstromaggregaten von je 30 Volt Leistung. Damit half man am Montagabend und am Dienstagvormittag Bauern aus der Not, die ihre Melkanlagen wegen des fehlenden Stroms nicht in Gang setzen konnten. In der Samtgemeindeverwaltung versuchte man, in einem kleinen Katastrophenstab Hilfsmaßnahmen zu koordinieren, doch auch dieses Gremium mußte unter äußerst erschwerten Bedingungen arbeiten: Im Rathaus gab es ebenfalls keinen Strom.
Die Bürger mußten sich an den beiden "stromlosen" Tagen so gut es ging behelfen.
Problematischer wurde es da schon für Geschäfte, Betriebe und Bauernhöfe. So gab es zum Beispiel für die Bäckerei Rakers in Gersten am Montagnachmittag und gestern vormittag keine Chance, Brötchen, Brot und Kuchen herzustellen. Dafür herrschte in der benachbarten Gaststätte am Montagabend reger Betrieb: Viele Bürger setzten sich hier bei Kerzenschein zusammen, obwohl die Heizung auch in diesem Lokal natürlich nicht funktionierte.
In Einzelhandelsgeschäften verzeichnete man unterdessen eine lebhafte Nachfrage nach Artikeln, die man plötzlich benötigte: Taschenlampen zum Beispiel, um sich in den dunklen Wohnungen und landwirtschaftlichen Gebäuden halbwegs zurechtzufinden ....
Gestern Mittag konnte dann in dem Großteil der gut 500 betroffenen Häuser aufgeatmet werden. Die Reparaturarbeiten waren gelungen; der Strom konnte "fließen". Eine Anzahl abgelegener Gehöfte war aber auch am Nachmittag noch nicht versorgt.
Quelle:
Lingener Tagespost vom 12. Januar 1987
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