100 Jahre Lengericher Brandentschädigungsverein

Am 7. Mai 1982 feiert der Lengericher Brandentschädigungsverein sein 100jähriges Bestehen. Wenn man es mit der Geschichte allerdings genau nimmt, so existiert er schon seit 102 Jahren. Denn bereits im Jahre 1880 wurde der Kontrakt der Gebäudeversicherung für die damalige Samtgemeinde Lengerich von den Interessenten unterschrieben. Doch mit einigem Recht läßt sich auch in diesem Jahre feiern, denn der erste Brandschaden, bei dem die neue Versicherung in Anspruch genommen wurde, ereignete sich am 20. März 1882. An diesem Tage brannte das Wohnhaus des "Eigners C. Bußmann" in Lengerich Bauerschaft ab.
Jubiläen haben es an sich, daß man für einen Augenblick in den Geschäften des Alltags anhält, den Blick zurückwendet und sich die Anfänge zu vergegenwärtigen sucht.

Wie kam es zur Gründung dieser Versicherung auf Gegenseitigkeit ? Geht man dieser Frage nach, so wird man zwischen den Ursachen und Anlaß unterscheiden müssen. Seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte die Landwirtschaft auch in unserem Raum einen gewaltigen Sprung nach vorn getan. Hohe Preise durch den enorm steigenden Bedarf (Bevölkerungswachstum, industrielle Revolution in Deutschland), neue Bewirtschaftungsformen, die Erfindung des Kunstdüngers, Verbesserung des Saatguts, bessere Ausbildung des Landwirts hatten dazu geführt, daß die Landwirtschaft große Investitionen in Gebäuden und Maschinen tätigen konnten. Der Wert der bäuerlichen Anwesen war so beträchtlich gestiegen. Dazu kam, daß das Streben nach Absicherung gegen die Risiken des Lebens in diesen Jahren besonders lebendig war. Man denke an die für die damalige Zeit beispielhafte Sozialgesetzgebung durch den Reichskanzler Bismarck in den Jahren 1883 - 1889.

Nun gab es schon seit alter Zeit gewisse Vorformen einer gegenseitigen Versicherung: Man kennt sie wohl in ihrer ursprünglichsten Form als Nachbarschaftshilfe oder gegenseitige Hilfe im Verband des Fastabends. Auch gab es bereits eine Mobiliarversicherung auf Gegenseitigkeit in der Samtgemeinde Lengerich, die schon 1849 gegründet worden war. Daneben bildeten sich weitere Vereine wie der "Hornviehverein" und der "Lengericher Pferdeverein" zur Abdeckung ganz spezieller Risiken.

Aber all diese Vereinigungen konnten offenbar das Gefühl der Unsicherheit nicht beseitigen. Ihnen allen fehlte die notwendige Substanz, auch bei schwereren Schäden wirksam helfen zu können.

Man erzählt, daß dieser Nachteil zum ersten Mal so recht bewußt geworden sei, als ein Hof in Handrup völlig niederbrannte und Nachbarschaftshilfe und Fastbend nicht in der Lage waren, die notwendigsten Mittel zum Wiederaufbau bereitzustellen. Die ältesten Mitglieder des Vereins wissen jedenfalls zu berichten, daß dieses Brandunglück den letzten Anstoß und Anlaß zur Gründung des Lengericher Brandentschädigungsvereins gegeben habe. Er umfaßte von Anfang an das ganze Gebiet der damaligen Samtgemeinde Lengerich mit den Orten Lengerich-Bauerschaft, Gersten, Handrup, Langen und Wettrup. Die Bürger aus Lengerich-Dorf konnten nicht Mitglieder des Vereins werden, Offenbar war das Risiko bei der dichten Bebauung des Dorfes für den Verein zu hoch.

Wenn man von den Anfängen spricht, darf man die Männer nicht vergessen, die ihre Arbeit und Energie in die große Aufgabe steckten. Hier muß in erster Linie der Name des Gründers und des ersten Präsidenten des Vereins genannt werden. Es war der damalige Ortsvorsteher von Wettrup, Fr. A. Baar, der mit Weitblick und Tatkraft diesen Verein ins Leben rief und ihn als Präsident und Geschäftsführer bis zum Jahre 1911 leitete. Ihm folgte von 1911 bis 1930 sein Sohn H.A. Baar, der den Verein durch die schweren Jahre der Inflation und Wirtschaftskrise steuerte. J.C. Luislampe übernahm darauf die Leitung mitten in schwerer Zeit von 1930 bis 1952. In die Zeit seiner Geschäftsführung fallen die schlimmen Umwälzungen des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Systems in Deutschland, die auch den Verein nicht unberührt ließen. Sein Nachfolger war A. Baar, der nun in die Phase des Wiederaufbaus mit neuem Mut an die Wiederbelebung des Vereins ging. 1971 ging dann der Vorsitz an Bernhard Spieker über, der heute zusammen mit Heinz Schmidt die Verantwortung für die Arbeit des Vereins trägt.

Heute besteht der Verein aus 441 Mitgliedern. Neben der Gebäudeversicherung von 1880 bildete sich 1890 eine Mobilarversicherung. Seit 1972 wurde eine beträchtliche Erweiterung der Versicherung beschlossen, Zu der Versicherung gegen Brandschäden an Gebäuden traten Versicherungen gegen Schäden durch Leitungswasser und Sturm. In die Mobiliarversicherung wurde zusätzlich die Versicherung gegen Schäden durch Leitungswasser, Einbruchsdiebstahl, Glasbruch und Sturm aufgenommen, Bei einer Versicherungssumme von 169 Millionen (Gebäude) und 46 Millionen (Mobiliar) zeigt der Verein, daß er den Ansprüchen unserer Zeit gewachsen ist.

Quelle: s.u.



Quelle:
Informationsblatt der Samtgemeinde Lengerich - Nr. 49, Lengerich April 1982


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück