1648

350 Jahre
Westfälischer Friede

von Josef Peters, Bersenbrück

1998


Am 24. Oktober 1648 wurden zu Münster und Osnabrück der Westfälische Friede geschlossen. In diesem Jahre 1998 begehen wir also den 350. Jahrestag dieses für ganz Europa und insbesondere Deutschland bedeutenden Ereignisses. Die Verhandlungen, die zu diesem Frieden führten, waren in der Geschichte bis dato einmalig. Einmalig waren sowohl die Dauer der Vorbereitung als auch die Anzahl und Herkunft der Beteiligten sowie die Fülle der schon im Vorfeld zu lösenden Formfragen.


Quelle: s.u.

Der Friedensreiter - eine Symbolfigur des Westfälischen Friedens

Bereits 1641 hatten Frankreich, Schweden und der deutsche Kaiser die westfälischen Städte Münster und Osnabrück zu den Orten der Friedensverhandlungen bestimmt. Beide Städte und deren Zufahrtswege wurden für neutral erklärt. Grund für die Wahl dieser beiden Orte mag u. a. die Tatsache gewesen sein, daß der Nordwesten Deutschlands im bisherigen Verlauf der kriegerischen Ereignisse vergleichsweise glimpflich davon gekommen war. Als endlich im Dezember 1644 die Verhandlungen beginnen konnten, konnte man einhundertneunundvierzig Gesandte zählen, darunter einhundertelf Deutsche und achtundreißig. Nichtdeutsche. Mit Ausnahme Englands, Rußlands und der Türkei waren alle europäischen Staaten vertreten, darunter sogar solche, die am Krieg überhaupt nicht teilgenommen hatten wie z.B. die Schweiz und Portugal.

Die auffällig lange Vorbereitungszeit von fast vier Jahren hatte ihre Ursache u. a. in dem Streit über den Status der deutschen Fürsten, über Titel, Präzedenzen und Zeremonien. Vor dem Hintergrund der schrecklichen Ereignisse und mörderischen Exzesse des weiterhin wütenden Krieges erscheinen diese Diskussionen zwar absurd, andererseits hatten sie aber schon einen Sinn, wenn z. B. die Kurfürsten in diesen Streitigkeiten für ihre Gesandten den Titel "Excellenz" durchsetzten. Damit nämlich verschafften sie sich die Anerkennung als europäische Fürsten, gegen die Vorstellung des Kaisers Ferdinand II.

Die Friedensverhandlungen selbst zogen sich über ebenfalls vier Jahre hin. Für unsere heutige Zeit eine unglaublich lange Zeit. Sie wird aber verständlich, wenn man bedenkt, daß es sich um einen Kongreß von Gesandten handelte, die vor jeder Entscheidung die Zustimmung ihres Souveräns einzuholen hatten; diese aber saßen in Wien, Madrid, Stockholm, Brüssel und den verschiedensten Orten Deutschlands. Bei den damaligen Straßen- und Verkehrsverhältnissen und der allgemeinen Unsicherheit waren Botschaften hin und her verständlicherweise stets lange Wochen unterwegs. Ein weiterer Umstand erschwerte die Verhandlungen: Da die Kämpfe im Lande weitergingen, wurden je nach Kriegserfolgen einer Seite die Gesandten mit jeweils neuen Forderungen konfrontiert und schon fest vereinbarte Regelungen wieder zunichte gemacht. Folglich gingen die Verhandlungen im Winter am besten, wenn die Truppen ihr Winterlager bezogen hatten. So schrieb der französische Gesandte: "Die Friedensverhandlungen erwärmen sich im Winter und kühlen im Frühjahr ab. Die Unruhe hält in den Verhandlungen etwa bis Ende Februar an. Dann gehen wir wieder zu unserer gewöhnlichen Ruhe über; die Generale rücken ins Feld und nehmen die Sache in die Hand: So haben die Männer des Kriegs und des Friedens abwechselnd ihre Beschäftigung, und niemand kann sich beklagen."

Worum ging es in den Verhandlungen inhaltlich? Da waren zunächst die territorischen und finanziellen Forderungen der ausländischen Mächte Frankreich und Schweden und die Forderungen der deutschen Stände gegen den Kaiser. Frankreich, das ursprünglich rein defensive Kriegsziele verfolgt hatte, hatte im Verlauf des Krieges seine Ziele geändert. Es verlangte Lothringen und die drei Bistümer Metz, Toul und Verdun. Die Abtretung Lothringens forderte allerdings Spaniens heftigen Widerstand heraus, da es dadurch von Belgien, den spanischen Niederlanden, abgeschnitten wurde. Trotzdem konnte Frankreich seine Forderung durchsetzen, wobei es insbesondere die Unterstützung Bayerns fand. Damit verlor das Reich einen bedeutenden Teil seines Territoriums. Zugleich schieden neben der schweizerischen Eidgenossenschaft die Niederlande aus dem Reich aus und erklärten nun auch formell ihre Unabhängigkeit. Diesen Verlusten folgte schließlich noch die Preisgabe von Vorpommern mit der Odermündung und der Bistümer Bremen (ohne Stadt) und Verden.

Zu diesen territorialen Verlusten trat für den Kaiser eine schwerwiegende Schwächung seiner eigenen Machtstellung. Die deutschen Fürsten erhielten die volle Landeshoheit, die "Souveränität" und sogar das Recht, untereinander und mit ausländischen Mächten Bündnisse zu schließen, sofern sie nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet waren. Der Kaiser wiederum benötigte für alle wichtigen Entscheidungen die Zustimmung der Reichsstände. Es gab nun nahezu 2000 souveräne Gebiete in Deutschland.

Die größten Probleme bereitete die Lösung des Konfessionsstreites. In keinem Fragenkreis war das gegenseitige Mißtrauen der Kontrahenten größer als gerade hier wohl verständlich, lag doch hier auch der Ursprung des ganzen Krieges. In zähem Ringen gelangte man zu folgendem Kompromiß: Der Augsburger Religionsfriede von 1555 wurde unter Einschluß der Galvinisten bestätigt. Maßgebend für die Konfessionszugehörigkeit in den einzelnen deutschen Territorien war der Stand von 1624 ("Normaljahr"). Die konfessionellen Verhältnisse änderten sich von nun an nicht mehr, auch nicht, wenn der Landesfürst die Konfession wechselte.

Wie konnte es zu diesem verheerenden, ganz Deutschland verwüstenden Krieg kommen? Golo Mann schreibt in seinem Aufsatz zum Dreißigjährigen Krieg:
"Er kam aus verschiedenen Quellen, die unheilvoll zusammen flossen: der ständischen Revolution in Österreich - Böhmen; dem Konfessionsstreit in Deutschland. Die Schritte, die man zu seiner Erweiterung machte, waren zunächst klein, und würde sie nicht gemacht haben, wenn man ihre Folgen vorausgewußt hatte: Gegenreformation in der Oberpfalz, Enteignung und Ächtung des Pfalzgrafen Friedrich. Da man sie aber einmal gemacht hatte, wollte man sie nicht mehr zurückgehen und ging weite,; sei es weil man wußte, sei es weil man konnte; jeder weitere Schritt rief Reaktionen hervor. Jede Macht, die sich ins Spiel mischte, war stark genug, es eine Weile fortzusetzen; keine es zu beenden. Von einer Beendigung durch Ausgleich wurde fast ununterbrochen gesprochen, und mehrfach, 1621, 1629, 1635, 1640 schien man nahe daran; aber Mißtrauen, Eigensinn, Rechtsbewußtsein, Gier und unbewußter Herrschaftstrieb waren stärker als die Vernunft, die nie ganz erlosch."


Quelle:
Lengericher Geschichte(n), Nr. 4, Heimatverein für das alte Kirchspiel Lengerich e.V., Lengerich 1998, S. 19-21



Quelle: Stadt Osnabrück


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück